Narrative und Innovationen – keine Rezension

Was verbindet Narrative und Innovation, wie kommt beides zusammen in einen Titel? Einer der beiden Herausgeber (Lutz Becker) verwies mich kürzlich auf den nebenstehenden Titel Narrative and Innovation aus dem Jahre 2013.  Damals ging es darum, gesellschaftliche Narrative als Ressource für industrielle wie soziale Innovationen heranzuziehen: How can innovation be derived from societal narratives contribute to industrial and social innovation? (7).  Am Anfang jeder Innovation steht eine Geschichte über die beabsichtigte Zukunft. Diese Geschichte ist gewissermaßen das Rückgrat des Innovationsprozesses: Sie ist Landkarte und Vision zugleich. In anschließenden Analysen erfolgreicher Innovationsprozesse lassen sich die Geschichten dahinter sehr gut erkennen (vgl. Müller, S. 140). Ähnlich sieht es Jens Beckert in Imaginierte Zukunft (2016/18): Innovationen sind mit  fiktionalen Erwartungen/ Imaginationen zukünftiger Zustände der Welt verbunden – Begriffe die Beckert anstelle von Visionen, Versprechen etc. verwendet. Innovationen sind dabei Imaginationen technologischer Zukunft. Er bezieht sich dabei auf Josef Schumpeter (274 ff).

Buzzwords gibt es viele und immer wieder.  Mega- Buzzwords wurden bisher noch nicht beschrieben, aber wenn, dann haben Innovation und  Narrativ(e)  mittlerweile das Zeug dazu (+ agile).
Befasst man sich mit Digitalisierung, Zukunft und langfristiger gesellschaftlicher Entwicklung stösst man unweigerlich und immer wieder  auf den Begriff Innovation, meist mit einer ganzen Reihe von Konnotationen – Narrativen – aufgeladen  (vgl. Innovation und Gesellschaft, 3/19) .

Man kann es drehen: Welche Narrative bedient Innovation?und: Was ist so innovativ an Narrativen?
Allein vom Namen her stehen Innovationen in einem Fortschrittsnarrativ, sie sind dessen einzelne Bausteine.  Zunächst bedeutet Innovation  geplante und kontrollierte Veränderung, Neuerung und Anwendung neuer Ideen und Techniken in einem sozialen System durch Anwendung neuer Ideen und Techniken, bisher unbekannter Produkte oder Rollen in einem sozialen System oder Subsystem … Initiativen dazu gehen meist von kreativen einzelnen aus – so steht es im Lexikon zur Soziologie (2007). Gemeint ist meist die wirtschaftlich erfolgreiche Umsetzung von Erfindungen und Ideen, ein Transfer von Forschung und Wissenschaft in die Industrie bzw. Wertschöpfung – etwas das gezielt gefördert wird, und das man auch messen kann.
Innovationen sind ein Grundstein kapitalistischer Dynamik, Wachstum wird durch die Einführung neuer Produkte, durch eine effizientere Produktion  und die Ausweitung von Marktbeziehungen angetrieben. Innovationsraten haben enorme Auswirkungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Unternehmen, Regionen und ganzen Volkswirtschaften. Würden sie sich signifikant verlangsamen, würde die Wirtschaft stagnieren  (Beckert, S.  267ff).  Innovationen können ganz unterschiedlicher Art sein, im Alltag begegnen sie uns als spürbare Neuerungen, wie das SmartPhone oder  medizinischer Fortschritt – oder eben auch als kompostierbares Acetat, aus dem die stylische Sonnenbrille gefertigt wurde,  oder dem mit seinen Nutzern gemeinsam entworfenen Basketballschuh. Mit Digitalisierung, der Entwicklung von Computer- und Netztechnik ist ein wesentlicher Schub von Innovationen verbunden, ausgelöst durch  Basisinnovationen in der zu Grunde liegenden Technologie. Wenn der Investor und Silicon Valley Oligarch Peter Thiel in seinem Buch  Zero to One Innovation als Rettung unserer Gesellschaft beschreibt, dann verfolgt er einen eigenen Narrativ des technischen Fortschritts, den man auch als kalifornische Ideologie bezeichnet.

Narrativ/f als Adjektiv im Sinne von erzählend gab es im Deutschen, wie auch in anderen Sprachen schon lange. Die heutige Bedeutung Sinnstiftende Erzählung geht auf eine Übersetzung der grands récits bzw. Metaerzählungen   von J.F. Lyotard vom Französischen ins Englische  (SZ, 25.08.17)* zurück. Gemeint waren die  Hauptströme der abendländischen Philosophie im Gefolge Kants und Hegels – daraus wurden dabei die grandes narratives, die es nach Lyotard zu überwinden galt.. In diesem Sinne  ist Narrativ als Substantiv im Deutschen  erst seit 1994 belegt.
In der öffentlichen Wahrnehmung ist die Verbindung technologische Innovation/ ökonomischer Fortschritt ein zentraler Gedanke. Ein Satz wie Deutschlands wirtschaftliche Stärke hängt von der Innovationskraft der Unternehmen ab*² entspricht  allgemeiner Überzeugung – und kann als ein zentrales Narrativ und Ausdruck  von Identität als führende Industrienation gelten.
Innovation ist wirtschaftspolitischer Impetus, ohne Innovationen kein Wachstum. Der Zwang bzw. Druck zur Innovation ist aber auch Treiber der Beschleunigung, die Hartmut Rosa beklagt – ein gegenläufiges Narrativ. Manchmal entsteht der Eindruck, dass es oft dieselben Menschen sind, die Beschleunigung betreiben, um sie dann  besinnlichen Stunden zu beklagen.

Erzählende Affen. Mythen, Lügen, Utopien. Wie Geschichten unser Leben bestimmen von Samira El Ouassil und Friedemann Karig, ist  ein ziemlich erfolgreiches,  lesenswertes und unterhaltsames,  im Stil essayistisches Sachbuch, erschienen 10/21. Ein Buch, das Narrative als Konstanten menschlicher Zivilisation ausbreitet, von antiken Dramen zu  Netflix- Serien, ganz besonders in den Genres der Popularkultur, dem Film und der Popmusik. Eine Fundgrube der Narrative und ihrer Verzweigungen, das Buch sammelt ein, was den Begriff populär gemacht hat.  Die Geschichte der Menschheit ist auch die Summe der geteilten Geschichten.  Ganz zum Schluss steht der Satz Unsere These war und ist, dass Narrative, verpackt in mächtige Kulturprodukte, politische Programme oder platte Popsongs, heute die größte transformative Kraft besitzen (274). Mir scheint das zweifelhaft: Dass Narrative transformative Kraft ausdrücken können, macht  sie nicht  zu der Kraft selber. 

Sinnstiftende Erzählungen gab es zu allen Zeiten, die meiste Zeit waren sie mythologisch, religiös, zumindest philosophisch eingebunden: in Meta- Narrative – auch diesen Begriff gibt es. Gemeint sind die übergeordneten Ideen und Weltanschauungen und diese waren lange Zeit religiös, später von der Philosophie der Aufklärung bestimmt. Auch die Werke von  Max Weber und Karl Marx werden als solche, genauso wie Arbeit und Sparsamkeit als zentrale gesellschaftliche WerteMeta-Narrative bilden den Humus, aus dem konkrete politische Überzeugungen erwachsen, zumal in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, wo Vorstellungen von Gerechtigkeit und Anstand zentral sind *³.

Warum wurde ein Begriff wie Narrativ gerade jetzt so attraktiv? Meine Vermutung: Unterschiedliche Sinnangebote und Erzählstrukturen der Realität (z.B. Querdenker) stehen im Social Media Zeitalter sichtbar nebeneinander, oft ganz banal in der Twitter- Timeline. Will man die Angebote nutzen, muss man erkennen, was zusammenhängt und was nicht. Narrative sind die erkannten Pfade im Dschungel der öffentlichen Kommunikation unserer Zeit. Ist die wahrgenommene Realität dann der erkannte Narrativ?
Den Social Media vorausgegangen sind  Erfahrungen in den Popularkulturen. Filme und Popmusik verwiesen immer wieder, versteckt oder offen, auf übergreifende Erzählungen, Stimmungen und Moden. Referentialität meint die “Nutzung bestehenden kulturellen Materials für die eigene Produktion” (s. Kultur der Digitalität, F. Stalder, 2016) und wohl auch der  eigenen Argumentation; wir kennen es aus Remixes, Collagen, MashUps, Coverversionen, Inszenierungen wie Cosplay: Einzelne Elemente werden mit neuer Bedeutungszuweisung zusammengeführt.

Aus dem übermässigen Gebrauch einzelner Begriffe werden dann Buzzwords. Die auf Wirkung bedachten Kommunikationsagenten in WErbung, PR und Unternehmensberatung sind die Verbreiter davon. Es ist wie in der Küche: wenn ein Begriff sich verbreitet und dabei noch klug klingen soll, schmeckt eine Zeitlang alles nach Balsamico.

vgl. Innovation und Gesellschaft –  *s. Sueddeutsche Zeitung vom 25.08.2017: Anfang der Achtzigerjahre fingen angelsächsische Geisteswissenschaftler allerdings an, das Wort “Narrativ” gehörig aufzublasen. Schuld war der Versuch, Jean-François Lyotard, den französischen Gründervater der Postmoderne, ins Englische zu übertragen. Aus dessen “grands récits” oder “Metaerzählungen” – gemeint waren die Hauptströme der abendländischen Philosophie im Gefolge Kants und Hegels – wurden dabei die “grandes narratives”, die es nach Lyotard zu überwinden galt. *² aus: Innovation: digital und mit Begeisterung. Impact Mediaverlag , Juli 2021. Samira El Ousassil & Friedemann Karig: Erzählende Affen. Mythen, Lügen, Utopien. Wie Geschichten unser Leben bestimmen, 2021, 522 S. *³ Henrik Müller im Manager Magazin, 4.07.2022  Jens Beckert: Imaginierte Zukunft. Fiktionale Erwartungen und die Dynamik des Kapitalismus, Berlin 2018. 568 S. –  Andreas P. Müller & Lutz Becker (Eds.) Narrative and Innovation: New Ideas for Business Administration, Strategic Management and Entrepreneurship (Management – Culture – Interpretation). darin: Michael Müller: How Innovation become Successful through Stories, 139 ff.)



Tourismus nach Corona – Zurück zum Overtourismus?

Thema der Futures Lounge X am ersten Mittwoch im Juli (6.07.) war Tourismus nach Corona – Zurück zum Overtourismus? Corona ist noch nicht vorbei, so sollte es richtiger nach dem Ende der Reisebeschränkungen heissen, die letzten Wochen brachten dann aber Bilder des Nachholbedarfs, der sich seit 3/20 angestaut hatte.
Mit zwei Impulsbeiträgen* von Nils W. Bräm (Reiseentscheidungen) und Lars v.d. Wettern (Tourismus ab 2022 – Gegenwart und Zukunft) startete die Diskussion: Welche Wünsche, welche Werte, welche persönlichen Dispositionen und welche Einflussfaktoren stehen hinter unseren Reiseentscheidungen? Welche Rolle spielt ein  Kompensationsbedarf? Geld und Zeit sind die Einschränkungsflanken (Nils Bräm) – – Nachhaltige Tourismuskonzepte lassen sich nur dann durchsetzen, wenn sie auch Spass machen, sie müssen sexy sein.  Gibt es ein Recht auf Reisen? (Lars von der Wettern).
Soweit im groben die Vorlagen, in zwei Stunden wurden viele, aber ganz sicher nicht alle Aspekte angesprochen. Im folgenden keine Nacherzählung einer  Diskussion, sondern der Versuch die  Tourismusdebatte in die Entwicklungen der Zeit einzubeziehen. Tourismus ist keine rein wirtschaftliche, Nachhaltigkeit nur nebenbei eine moralische Kategorie.
Wenn die Welt in den nächsten Jahren auf zwei Milliarden Reisende zusteuert, sind die Länder und ihre Infrastrukturen darauf vorbereitet? Sind Menschen und ihre Kulturen widerstandsfähig genug, um dem standzuhalten?” **

Die Tourismusbranche wuchs  lange Zeit schneller als die Gesamtwirtschaft, noch mehr nach der Jahrtausendwende. Dann setzte Corona einen harten Schnitt. Die Anzahl der Reiseankünfte – weltweit –  war 2020 auf den Stand von 1987 gestürzt – von 1461 Mill. (2019) auf 381 Mill (2020)*. Was kommt danach?  Von 100 auf 0 und wieder zurück auf 100?
Der Begriff   Overtourismus war erst seit 2016 in der Diskussion aufgetaucht, verbreitete sich dann rasch, zu sehr passte er ins Bild. Die Tourismus Newssite skift.com (Sitz in New York) nimmt die Urheberschaft für sich in Anspruch. Es ging gar nicht so sehr um die altbekannten Bilder des Massentourismus, Auslöser war ein Bericht über den Tourismusboom auf  Island. Gerade Länder und Orte, an denen man bis dato Ferne, Abgeschiedenheit und Naturerlebnis suchte, wurden weit häufiger aufgesucht, als sie verkraften konnten. Nicht nur Island, auch Neuseeland, Galapagos, Machu Picchu in den Anden, die Osterinsel, der Mount Everest etc. Dazu die Bilder immer massiver erscheinender Kreuzfahrtschiffe, schwimmender Städte vor zerbrechlichen Kulissen wie Venedig und die Umwandlung von Metropolen in touristische Erlebniszonen: Manhattan, Paris, Amsterdam, Barcelona, auch Teile von Berlin. Touristische Bewirtschaftung prägt immer mehr Orte, weltweit, auch ausserhalb der eigens dafür geschaffenen Resorts.

Reisen hat eine lange Geschichte, historisch lässt sich zurückblicken auf die Wanderjahre der Handwerksburschen und Scholaren, auf die Pilgerfahrten des Mittelalters, letztere neu aufgelegt mit dem Jacobsweg nach Santiago de Compostela. Von Tourismus, der wirtschaftlich organisierten Form des Reisens, die vorrangig dem Vergnügen dient, kann man seit ca. 200 Jahren sprechen. Im Tourismus des 19.Jahrhunderts wurde Status repräsentiert, daran erinnern glamouröse Promenaden, Hotelanlagen und Casinos  an Orten wie Baden- Baden, Nizza, im Berner Oberland oder an der Riviera.
Tourismus für alle begann später, verbunden mit dem Impetus der Erhaltung der Arbeitskraft. Den Massentourismus in standardisierten Formen  brachte die industrielle Moderne nach dem Muster von Massenproduktion und Massenmobilität (Auto) seit den 50er, mehr noch den 60er und 70er Jahren.  Mit der immer verbreiteteren Anreise per Flug vergrösserte sich die Reichweite – Fernreiseziele wurden populär, Resorts entstanden etwa auch in Thailand oder der Dominikan. Republik. Kritik am Massentourismus gibt es solange es ihn gibt.
Reisen als Suche nach authentischen Erlebnissen und Erfahrungen war lange Zeit eine Sache von Minderheiten. Urlaub bedeutete in der Regel drei Wochen Abschalten von den restlichen Wochen des Jahres. Das war und ist der Markt, den die  Touristikbranche vorrangig bedient.

Golden Age of Budget Tourism: Paragliding in Tarifa, Andalusien

Golden Age of Budget Tourisme – auf diesen Begriff bin ich bei einer Recherche vor Corona (2019) gestossen: Reisen war niemals so einfach, günstig und gefahrlos, so zugänglich für breite Schichten geworden. Offene Grenzen (für Touristen), die Möglichkeit der Verständigung auf Englisch, evtl. Spanisch. Billige Flüge, günstige Bus- und Zugverbindungen und ein Angebot an Unterkünften jeder Art und jeder Preiskategorie – alles bequem online, oft per App zu buchen. Auch auf Fernreisen können sich Reisende jederzeit über die  jeweilige Infrastruktur informiert halten.
Wie wenige andere Branchen ist Tourismus in dieser Form geradezu eine Symbiose mit Social Media eingegangen. Die gesamte Infrastruktur der Plattformen (so etwa die Informationsdichte auf Google Maps, Trip Advisor etc.), unzählige Blogs, lokale und interessenspezifische Angebote steht für Informationen und Buchungen zur Verfügung. Postings von Bildern und Erfahrungen führen oft zu unmittelbaren Reaktionen. Wer mitteilt, was gut ist, zieht Follower an. Social Media machen es leichter, die gesuchten und erwarteten Ziele und Erlebnisse zu finden – und haben oft einen verstärkenden Effekt  (vgl. auch U. Gretzel. 2019).
Erlebnisse und Erfahrungen, das Zusammentreffen mit Gleichgesinnten stehen oft im Vordergrund. Orte, an denen besondere Sportarten (Tauchen, Klettern, Surfen etc.) ausgeübt werden können, haben ihre Klientel, genauso wie solche besonderer kulinarischer oder künstlerischer Attraktionen. Auch Drehorte von Filmen, Schauplätze besonderer Ereignisse sind Tourismustreiber. Die Reise an solche Orte ist meist mit einer Aneignung spezifischer Kenntnisse verbunden,  bedeutet Anschluss an eine Community, zumindest die Aneignung einer besonderen Geschichte.
Der 3- wöchige Urlaub ist immer weniger das Standardmodell, genausowenig, wie die langjährige Festanstellung Standardmodell der Arbeit ist: Mobiles Arbeiten, mobiles Leben, wo Home Office geht, geht auch Remote- Office. Es wird individuelle Lösungen geben, die Arbeit und Reisen verbinden. Und immer wieder will ein Stück Wunschwirklichkeit hergestellt werden.

Wie viele andere Branchen hat Tourismus die Grenzen zumindest seiner geographischen Ausdehnungsfähigkeit erreicht – ein weiter weg geht nicht mehr. Nach Thailand wurde auch Laos erreichbar, Trekking in Grönland, Patagonien, Tauchen im Roten Meer oder im philippinischen Riff, … die ersten Milliardäre waren im Weltraum – dort ist es für längere Aufenthalten dann doch zu unwirtlich ….  nur Pandemien und politische Krisen (Afghanistan, Putins Russland) schränken den Radius ein –  oder etwa: Next Frontier Metaverse?

Günstige Flüge, nicht nur von RyanAir, bedeuteten einerseits eine Demokratisierung von Fernreisen, aber eben auch eine massive Zunahme mit Umweltbelastung in der Folge. Ohne den günstigen Flugverkehr ist der – nach Unterbrechung wieder auflebende – globale Tourismus kaum denkbar. Ohne Flüge wird der Radius eng, bzw. zum Vergnügen Privilegierter, wie damals. Soll im Namen der Nachhaltigkeit die Demokratisierung des Reisens zurückgefahren werden?
Ist Tourismus Konsum wie anderer auch? Man spricht  von Massentourismus wie von Massenkonsum. Genauso gibt es singulären Konsum und singulären Tourismus. Nur, dass der singuläre, individuelle Tourismus ebenso in Massen auftritt. Manche Menschen mögen das all inclusive der Resorts, das sich um nichts weiter kümmern müssen, andere nehmen es nur dann in Anspruch, wenn sie spezialisiert reisen z.B. Tauchen. Nachhaltige Tourismuskonzepte verbreiten sich zunächst dort, wo ein entprechendes Klientel angesprochen wird (Bornholm, Vintschgau/ Südtirol Slowenien, Agroturismo).  Es bleibt die Aufgabe das Reisen von Milliarden so zu organisieren, dass es die Erde nicht über Gebühr belastet – und den Menschen Spass macht.

*  die Impulsbeiträge von Nils W. Bräm (Reiseentscheidungen): Folien, Vortrag; Lars von der Wettern  FolienVortrag, können nachgelesen/ gesehen werden. * nach Statista Weltweites Tourismusaufkommen nach Anzahl der Reiseankünfte in den Jahren 1950 bis 2021 Ulrike Gretzel: The role of social media in creating and addressing overtourism. Available from: https://www.researchgate.net/publication [accessed Jul 11 2022]. ** Rafat Ali: The Genesis of Overtourism: Why We Came Up With the Term and What’s Happened Since. skift.com 

 



Metamodernism – The Future of Theory (Rez.)

Metamodern zum Zweiten. Bekannt wurde mir der Begriff erst vor einigen Wochen. Ein Begriff unter dem kulturelle und gesellschaftliche Entwicklungen, die nach der Postmoderne auftreten, verhandelt werden.  Ein Terminus für das Denken im 21. Jahrhundert?
Metamodernism. The Future of Theory von Jason A. Storm (7/2021) wurde in etlichen Kommentaren und Reviews (English only)  geradezu enthusiastisch gefeiert:
It’s a long time, since I’ve had such a vigorous – and rigorous – intellectual work- out. Metamodernism is not only an astute diagnosis of the confusions and contradictions of contemporary thought; it also offers compelling alternatives. Ambitious, lucid and erudite, this is a book that demands to be read and argued over.“ Der Kommentar der Autorin Rita Felski (Autorin von The Limits of Critique, 2015) steht für viele und so geht es weiter. Es wundert dann etwas, dass bislang kaum deutschsprachige Resonanz vorliegt – jedenfalls habe ich keine gefunden – so bin ich wohl einer der ersten. So eingestimmt geht man an den Titel heran.  Ursprünglich hatte der Autor den Titel Absolute Disruption. Theory after Postmodernism vorgesehen, ein  Titel, der ebenso den Anspruch verdeutlicht, eine erneuerte Theorie der sozialen Welt zu formulieren – mit der Ambition  als Leitfaden zukünftiger (Human-) Wissenschaft. Ein –ism(us) sollte es sein,  Post-postmodernism/us wäre ein Verlegenheitsbegriff, das Präfix Meta trifft anscheinend den Zeitgeist: I should own that likely some of the same zeitgeist that made me think Metamodernism sounded cool perhaps contributed to why Zuckerberg might have thought Meta Platforms sounded cool.

Der Denker präsentiert sein Werk: Jason A. Storm

Metamordernism – The Future of Theory ist als Manifest in den Human Sciences/ Humanwissenschaften – bei Storm der Dachbegriff für alle Geistes – und Sozialwissenschaften – zu  verstehen.
Philosophie ist nicht mein Fach, die Begrifflichkeiten weniger vertraut, Epistemologie und Ontologie  muss ich z.B. nachschlagen. Philosophie zeichnet und formuliert aber Grundlagen, die auch in anderen Fächern gelten,  hier ist es ein Big Picture der Human Sciences. Ist nach 40 Jahren der Abschied von der verblassenden Postmoderne, eine Neubestimmung entscheidender Fragestellungen überfällig? In den 1980er Jahren sprach man oft vom Paradigmenwechsel.  Damals ging es um den Abschied vom linearen Fortschrittsdenken und den Zukunftsvorstellungen der Moderne. Die aufkommende Postmoderne formulierte den Verlust von Gewissheit, die Auflösung von Sicherheiten und gewachsenen Identitäten. In der Wahrnehmung stand sie oft in Verbindung mit einem skeptischen Dekonstruktivismus.
Storm schreibt von einer umfassenden philosophischen Methode, die versucht, die Natur der sozialen Welt zu erklären – das Buch trägt den Anspruch Grosser Theorie, incl. einer ethischen und politischen Wirkung und einer eigenen Moralität. Der Autor nennt es selber ein hopeful monster (25) mit Wurzeln  in queer, feminist, and critical race theory, resistent gegenüber vereinfachendem Moralisieren und ausgerichtet auf eine emanzipatorische, nicht-relativistische, kosmopolitische Ökologie des Wissens (25).

Das Buch ist in vier Teile + Opening, Conclusion und Notes (60 S.) und insges. sieben Kapitel gegliedert. Part I Metarealism, Part II  Process Social Ontology, Part III Hylosemiotics, Part IV Knowledge and Value. Kapitel 7 The Revaluation of Values/ Neubewertung von Werten (236 – 275) ist der politischste Teil, es geht um die Rolle von Moral und ethischen Werten in den  Human Sciences und der Gesellschaft insgesamt.
Einige Begriffe und Konzepte fallen ins Auge, so die zunächst generisch scheinenden, in Metamodernism zentralen Social kinds: beschrieben, nicht definiert als 1) socially constructed, 2) dynamic clusters of powers 3) which are demarcated by the casual processes that anchor the relevant clusters  (111).  Social Kinds are made uo of power-clusters and the processes, that anchor them. Powers belong to a system of relations, not a specific entity of its own (140). Solche Sätze und auch die Thematisierung von Interdependenzen lassen zumindest an Konzepte von Machtbalancen in der Soziologie denken.
Storm nennt diverse Features von Process Social Kinds (94-96), wie high- entropic, cross- cutting, normative. Social Kinds dienen ihm dazu, die soziale Welt als dynamisch, prozessual zu rekonzeptualisieren. Unsere Moral sollte ähnlich verstanden sein und danach streben, die Vielfalt des empfindungsfähigen Lebens und der Gesellschaften, die es hervorbringt, zu kultivieren.

Das Buch wirklich durchzuarbeiten ist eine längere Aufgabe, der Text ist komplex, schwierig zusammenzufassen und in einer kurzen Besprechung auch nur annähernd kaum wieder zu geben. Gibt es nicht in den Sozialwissenschaften überzeugendere Modelle Prozesse, die soziale Konstruktion von Machtverhältnissen etc. zu beschreiben als die etwas dünnen Social Kinds?  Auch wenn man daran gewöhnt ist, Texte auf Englisch zu lesen, braucht es mehr Zeit, die Texteinschläge wirken zu lassen – Nietzsche philosophierte mit dem Hammer– Storm sagt von sich to philosophize with lightning (5). Blitze sind geballte Energie – zerstörend wie erhellend.  Oft erinnert sein Gestus an den eines Rockstars.
Metamodern passt in den Zeitgeist. Ein Begriff, der endlich die Postmoderne ablösen soll, deren Dekonstruktionen berechtigt waren, es  aber  keinen Sinn macht, länger darin zu verharren. Die Moderne war die These, der sich die Antithese der Postmoderne entgegenstellte und in diesem Konflikt bildet sich mit der Metamoderne eine neue Synthese heraus – wenn man es mit einem gängigen Modell erklären will.
Metamodern ist allerdings kein einheitliches Label: Lene Andersens Metamodernity (2019) wird bei Storm (2021) gar nicht, die Werke des Autoren- Duos Hanzi Freinacht nur kurz erwähnt. Was überzeugt: Die Erfahrungen des 21. Jahrhunderts werden nicht ein weiteres mal neu erklärt, sie werden als bekannt vorausgesetzt. Um die Welt zu verändern, müssen wir sie verstehen und darüber hinaus ein Bild davon haben, was sie sein könnte: It’s not postmodern, it’s not modernist. It isn’t really new materialist.  Instead of describing a paradigm shift, I was actually trying to produce a paradigm shift.

Einige einfache, jeder/m verständliche Sätze bringen die Moralität von Metamodernism auf den Punkt: Most of us want to be happy — Most of us want to be psychical and physical well- being — most of us do not want to suffer unnecessarily –.most of us want to live a life worth having lived, a meaningful life (257) – das sind die Grundlagen eines Sets ethischer Normen und daraus abgeleiteten politischen Handelns: We need a vision of progress and a grand narrative about why it all matters (Thomas Harper).

Schliesslich: Gibt es denn einen Bezug zum Metaverse – was die Namensgebung nahelegt? Im Buch nicht, aber in seinem Blog Absolute Disruption (11/21) nimmt Storm darauf bezug – zu Facebooks Rebranding Meta bemerkt er spöttisch, das Unternehmensziel des Zuckerverse sei die Monetarisierung von Eskapismus. Er empfiehlt (ein von wenigen Unternehmen  dominiertes) Metaverse zu hacken, zu unterwandern, umzufunktionieren und umzugestalten, um sein emanzipatorisches Potenzial freizusetzen und die Macht zurückzuerobern.

vgl.: Jason Ananda Josephson Storm:  Metamodernism. The Future of Theory. Chicago 9/2021. 360S. Blog: Absolute Disruption Podcasts: Metamodernism – The Future of Theory: an interview with Prof. Jason Ā. Josephson Storm. Sunday in the parc with theory: Podcast with Jason Ā. Josephson Storm (18 April 2022)

 



Zivilisationsprozess – continued

zivilisierter Auftritt? Bild: unsplash.com

Auf Norbert Elias (1897-1990) und die Zivilisationstheorie bin ich im Blog immer wieder zu sprechen gekommen (s. u.). Seit dem Hauptstudium Soziologie hat mich  immer wieder die Frage beschäftigt, wie man mit der Zivilisationstheorie neuere Entwicklungen in Gegenwart und Zukunft beschreiben und erklären kann.
Zivilisation ist kein einmal erreichter Zustand, sondern im ständigen Wandel begriffen, der Zivilisationsprozess ein nie abgeschlossener Prozess, der ungesteuert, evolutionär, verläuft.  Elias hatte den Zivilisationsprozess als langfristig gerichtet, durch wechselseitige Verflechtungen – Interdependenzen – angetrieben, beschrieben. Dabei gibt es immer wieder auch gegenläufige Tendenzen. Jede Zivilisation orientiert sich an ihren eigenen Werten, Verhaltensstandards setzen den Rahmen für Handeln und Empfinden.

Was das Werk von Elias auszeichnet und über den historischen Prozess hinaus interessant macht, ist die Verbindung und gegenseitige Durchdringung zweier Prozesse: der Herausbildung von Gesellschafts- und Persönlichkeitsstrukturen, Sozio- und Psychogenese. Es gibt Überschneidungen zu Karl Polanyi (1886 – 1964), The Great Transformation (1944): beide befassten sich mit langfristigen gesellschaftlichen Prozessen an der Schwelle der Vormoderne  zur Moderne, beide arbeiteten allgemeingültige Regelhaftigkeiten des Wandels heraus. Ging es bei Polanyi um die Durchsetzung des Prinzips der Marktwirtschaft und die Umgestaltung der Gesellschaft unter deren Primat, ging es bei Elias um Wandlungen in den Persönlichkeitsstrukturen hin zu einem gesellschaftlichen Zwang zum Selbstzwang.
Eine zentrale Rolle spielt die Ausformung des Habitus, in dem sich die  Gesamtheit sozial vermittelter Persönlichkeit, erworben durch Herkunft,  Bildung und gesellschaftliche Rolle, spiegelt – ein Konzept, das ebenso sehr von
Pierre Bourdieu (1930 – 2002; La Distinction. Critique sociale du jugement, 1979) geprägt wurde. Beide Autoren werden oft in ähnlichen Kontexten zur Erklärung herangezogen, gemeinsam ist beiden eine Sichtweise, die Gesellschaft und Individuum nicht als dichothome Gegensätze beschreibt.
So sinnvoll und allgemeingültig Konzepte und Begriffe von Elias und Bourdieu sind, so wenig aktuell ist die Materialbasis. Der Zivilisationsprozess behandelt die Soziogenese der abendländischen Zívilisation bis zum 19. Jh,  Elias schrieb daran in den 20er und 30er Jahren. In seinem Alterswerk, bis in die 80er Jahre,  befasste er sich v.a. mit den daraus  folgenden methodischen  Schlüssen.
Auch die Datenbasis Bourdieus, an denen er u..a die Konzepte von kulturellem und sozialem Kapital herausarbeitete liegt ca. 50 Jahre zurück. So hat sich etwa die Bedeutung der Vertrautheit mit der legitimen Kultur als kulturellem Kapital seitdem sicherlich verschoben. Legitime Kultur bedeutet den anerkannten Kanon der Hochkultur in seinen jeweiligen nationalen Ausprägungen – im Gegensatz zur populären Kultur, die vom Markt bestimmt ist und zu Gegenkulturen (Counter- Culture), an der sich nicht- etablierte Öffentlichkeiten orientieren.

Der Amsterdamer Soziologe Cas Wouters hatte seit den späten 70er Jahren mit der Informalisierungsthese  eine Richtungsänderung des Zivilisations-prozesses formuliert. Gegenüber strikt regulierten Verhaltenscodes haben sich Selbststeuerung, eine Emanzipation der Emotionen, Variationsspielraum, die flexible Anwendung von Verhaltensregeln als neue Ideale einer bewußteren Steuerung durchgesetzt. Informalisierung ist mit Individualisierung verbunden, Selbstkontrolle wird zum Selbstmanagement.

Erfolgreiche Landnahme durch das Advertising: the conquest of cool (1997)

Seit den 90er Jahren wurde immer wieder ein erneuerter Kapitalismus beschrieben. In Der neue Geist des Kapitalismus (1999) stellten die Autoren Boltanski & Chiapello einen Kapitalismus dar, der die sog. Künstlerkritik*  aufgegriffen und verarbeitet hat.
Deutlich illustriert der Titel the conquest of cool  eine Vereinnahmung, die Landnahme** des Prinzips Coolness, der  Counterculture durch die Werbewirtschaft. Ähnlich verstehen lässt sich die zeitweilig enorme Popularität der Thesen von Richard Florida zur Creative Class.
Alle diese Thesen sind angreifbar und sie wurden mehrfach deutlich kritisiert – aber es sind jeweils einzelne Diskussionen.  Im Idealfall und etwas übersteigert bedeuten sie die Verbindung der Lebensweise der Bohème mit der materiellen Akkumulation des Kapitalismus.
Sie folgen dem Ideal des sich selbst entfaltenden Individuums, einem  expressiven Selbst, das nicht einfach Konventionen folgt – aber innerhalb des marktwirtschaftlichen Rahmens bleibt,  und – im Idealfalle – die  ökonomische Eigenverantwortung annimmt. Auf die verbreitete Wirklichkeit heruntergebrochen sind es Veränderungsprozesse, in denen das Maß persönlicher Autonomie und Kreativität am Arbeitsplatz, die Wahlmöglichkeiten der Lebensführung zugenommen hat – letztlich die Aufwertung von Kreativität als Ressource von Innovation und Fortschritt.

Hochkultur findet weiterhin Beachtung, aber die Vertrautheit mit ihr dient nur noch selten als legitime Kultur der Distinktion.  Vertrautheit mit der populären Kultur nimmt zu bzw. wird häufiger kommuniziert. Popsongs, Filme, Serien, Comics,  aber auch Produktdesign etc.  werden referenziert, wenn es um die Vermittlung von Eindrücken, Stimmungen etc.  geht. Auffallend ist weiterhin ein oft weitreichendes Produktwissen.

Korrektheit im 21. Jahrhundert. Bild: pexels-elevate-digital

Wo stehen wir heute? Wahrscheinlich passt das Etikett Consumer Culture*** immer noch am besten, wenn auch in der (digitalen) Spätphase. Ein Kennzeichen ist die Verfügbarkeit bzw. Zugänglichkeit von  Ressourcen jeglicher Herkunft, die über den Markt geregelt wird. Der Habitus – das persönliche Erscheinungsbild – ist zumindest reflektiert, wird oft sorgsam gepflegt. Zugehörigkeiten bleiben wohl erkennbar, klassische Milieus verblassen aber mehr und mehr.  Der Begriff Informalisierung passt immer seltener, oft scheint sie inszeniert. Kompetenz und Professionalität, die Marktfähigkeit der eigenen Person werden auf eine oft sehr subtile Weise kommuniziert.  Coaching zu ihrer Pflege  wurde zur Dienstleistung.
Soziale Ungleichheit ist selten Thema, Verstösse gegen Gleichheitsgrundsätze umso mehr, vgl. politische Korrektheit.
Cultural Appropriation/Kulturelle Aneignung gehört zum Wesen der Consumer Culture – kein Stil, keine Tradition, die nicht auf ihre Adaption oder Marktfähigkeit  abgeklopft, nicht in irgendeiner Weise verwertet wird – sei es aus dem ethnischen Fundus (hier insbes. kulinarisch), sei es aus dem der Popularkulturen. Einerseits ist grösstmögliche Authentizität gefragt und wird geschätzt, andererseits ist Fusion, Crossover, MashUp die sichtbarste Eigenleistung in Küche, Musik und Mode. Gelegentlich treten medienwirksame Konflikte zur Urheberschaft auf, als ob kollektive Urheberrechte eingefordert werden sollen.

Was folgt? Meine Einschätzung: Wahrscheinlich wird die Dringlichkeit gemeinschaftlich zu lösender Probleme ein Treiber des Zivilisationsprozesses sein, an dem sich Ausformungen des Habitus, von Verhaltensstandards, kulturelles Kapital,  herausbilden. Ausprägungen von Lebensstilen,  Werden soziale Ungleichheiten grossen Ausmasses dauerhaft akzeptiert? Hin zu einer metamodernen Welt?
Elias ging es  um die langfristige Entwicklung von Gesellschaften, die Ausformung des Habitus, um Wandlungsprozesse – heute spricht man von Transformationen – der Gesellschafts- und Persönlichkeitsstrukturen: Sozio- und Psychogenese. Dabei nutzte er damals als ungewöhnlich erachtete Quellen: Aufzeichnungen zu Verhaltensstandards, später auch Manierenbücher. Solche gibt es hier und da noch heute, aber sie spielen kaum noch eine Rolle. Heute wird man eher in der Managementliteratur und in Social Media fündig. In ersterer wohl den zumindest für Teilgruppen geltenden Stand; Social Media spiegeln hingegen die Breite des Verhaltens. Derzeit sind wohl instagram mit einem ausufernden visuellen Selbstmarketing – und verhaltener LinkedIn als Bühne  der Professionalitätsdarstellung am interessantesten. Verweisen möchte ich noch auf das Konzept Technogenese, über das ich in anderen Blogbeiträgen geschrieben habe. Technologische Systeme entstehen gesellschaftlich – und sind von der Kultur geprägt, die sie hervorgebracht hat. Letztlich setzen sich Techniken nur dann durch, wenn sie ganz offensichtlich einen Nerv der Gesellschaft treffen.

Soweit eine Skizze zu möglichen Fortschreibungen des Zivilisationsprozesses. Bisher nur Bruchstücke – um was es mir geht, ist das Narrativ von der parallelen Entwicklungen von Persönlichkeits- und Gesellschaftsstrukturen (technische Entwicklung dann auch noch dazu ….)

 

Blogbeiträge mit Bezug zur Zivilisationstheorie:  Über den Prozess der Digitalisierung  – Machtbalance und Figuration Digitale Figurationen   Die grosse Transformation. Polanyi und die Digitalisierung, Digitaler Habitus, Was treibt die Zukunft an
*als Künstlerkritik wird die Kritik am Kapitalismus bezeichnet, die sich gegen Entfremdung im fordistischen Kapitalismus richtete, Freiheit, Autonomie, Sinn, Authentizität und Spaß einfordert; daneben steht die Sozialkritik, die sich auf Solidarität, Sicherheit und Gleichheit gründet und diese einfordert
** analog zur Digitalen Landnahme der grossen Digitalunternehmen beim Abgreifen von Nutzerdaten (bei Zuboff – Überwachungskapitalismus)
***Consumer Culture:  “Social arrangement in which the relations between lived culture and social resources, between meaningful ways of life and the symbolic and material resources on which they depend, are mediated through markets”   Eric J. Arnould, Craig J. Thompson 
In: Journal of Consumer Research, Volume 31, Issue 4, March 2005, Pages 868–882,

vgl.: Norbert Elias  Über den  Prozess der Zivilisation. Soziogenetische und Psychogenetische Untersuchungen,  1938 u. 1969. Band 1 u. 2.  .Pierre Bourdieu: La Distinction. Critique sociale du jugement, 1979, . dt: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. 1984  Cas Wouters: Van Minnen en Sterven. Informalisering van omgangsvormen rond seks en dood. Amsterdam, 1990. Luc Boltanski & Ève Chiapello: Der Neue Geist des Kapitalismus * . J. Rössel & K. Bromberger “ Strukturiert kulturelles Kapital auch den Konsum von Populärkultur?”  Zeitschrift für Soziologie, Band 38 Heft 6.  S. 494 – 511, 2009. Thomas Frank: the conquest of cool. Business Culture, Counterculture, and the Rise of Hip Consumerism. 1997. Mike Featherstone: Consumer Culture and Postmodernism. 1991/2007



Klaus Janowitz (klausmjan)

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