Metaverse – Szenarios

Zugang zur neuen medialen Infrastruktur – Quelle: Martin Sanchez; unsplash.com

Seit einem Jahr (10/21) ist das Metaverse als Hype in der Welt. Corporate driven, ausgelöst von Meta/Facebook. Weniger spektakulär, aber ebenso engagiert ist Microsoft. Apple verfolgt eigene  Ziele. Im weiteren sind  der chinesische Online- Gigant Tencent und Grössen  aus Unterhaltung und Consumer- Lifestyles  wie Disney, Nike + einige Modemarken dabei.

In erster Linie ist das Metaverse ein Entwurf, eine Vorstellung von Zukunft, anknüpfend an Erzählungen aus Science Fiction und der Frühgeschichte des Web, angetrieben von den sich voraussichtlich weiter entwickelnden technischen Möglichkeiten. Den Hype entfachen dann Investments: Gewinne aus dem Social Web (2.0) fliessen in den Ausbau neuer Entwicklungsstufen des Netzes, gleich ob diese nun Web3, Metaverse oder schlicht das nächste Internet genannt werden.
Futures Appropriation¹ – übersetzbar als angeeignete Zukunft – meint eine taktische  Positionierung bzw. das narrative framing eines ausgewählten  Zukunftsszenarios als das exklusiv folgerichtige und wünschenswerte- zumeist ein von Investoren vorgezeichnetes Modell. Andere potentielle Zukünfte werden so in den Hintergrund gestellt.
Das Metaversum wird unsere Gesellschaft so prägen wie heute das Internet – und in wenigen Jahren dürfte es losgehen – meint Matthew Ball, Autor des grundsätzlich sehr lesenswerten Buches zum Metaverse (Rezension), in einem Interview mit der NZZ. Demnach eine zwangsläufige Entwicklung, der man sich stellen und anpassen muss. Das echte Metaversum basiert auf einem komplexen Netzwerk an Protokollen und Technologien, die es möglich machen, dass verschiedene virtuelle Welten miteinander kommunizieren. Diese volle Version eines Metaversums, eine angereicherte Umgebung, in die wir in Echtzeit völlig eintauchen und die wir gemeinsam erleben wie heute ein Konzert – das ist vermutlich noch ein Jahrzehnt entfernt (NZZ  21.09.22).
Zu unterscheiden ist immer zwischen den Techniken, die ein zukünftiges Metaversum möglich machen und diesem selbst.

Auf dem letzten Metaverse MeetUp Köln (4.10) wurde eine aktuelle Studie zur Entwicklung der XR/Extended Reality Branche in Deutschland vorgestellt. XR/Extended Reality (Oberbegriff zu AR/VR/Mixed Reality) ist Voraussetzung für das Metaverse. Techniken, die erst die immersiven Möglichkeiten schaffen, die ein Metaverse ausmachen. In Nordrhein- Westfalen ist es eine aufstrebende Branche  mit einer ganzen Reihe sich weiterentwickelnder Anwendungsfelder.
Aufschlussreich ist eine Übersicht als Zielmarkt-Content-Matrix (27)  mit Geschäftsfeldern und Zielmärkten. Erwartungsgemäss sind Gaming-Inhalte Killer-Applikationen im B2C-Segment. Vieles lässt sich mit Infotainment übertiteln: Anwendungen für Museen, Freizeitparks etc, Produktpräsentationen, Architekturmodelle, Simulationen zu Trainingsanwendungen, darunter auch in der Physiotherapie, das multisensorische Feedback wird therapeutisch genutzt. Schliesslich virtuelle Konferenzräume und kollaborative Arbeitsumgebungen, wie wir sie heute u.a. von Zoom kennen – mit weitaus mehr Möglichkeiten. Im wesentlichen sind es massgefertigte Auftragsproduktionen, zunächst  insulare Anwendungen.

Dass sich immersive Technologien verbreiten,  keinerlei Zweifel – aber es geht (noch) nicht um eine neue mediale Infrastruktur.  Der Hype hat die Branche und ihr ganzes Umfeld, das Ecosystem gestärkt. Frage ist, ob und wie sie zusammenwachsen. Es fehlen die wirklich attraktiven Anwendungen.  Die Technik verbessert sich, einst klobige Headsets wurden leichter, Meta/Facebooks Oculus ist derzeit der Stand. Eine bedeutsame Entwicklung ist seit Juni 2022 das Metaverse Standards Forum, in dem zukünftige Standards vereinbart werden sollen, ähnlich dem Internet.
Ein Thema wird kaum diskutiert: der zu erwartende Energieverbrauch bei Echtzeit- Rendering in ungeahntem Ausmass.  Gelegentlich wird Nachhaltigkeit erwähnt, etwa Einsparungen durch de- materialisierte Technik, aber wenig überzeugend.

Das Metaverse wird aber erst dann zu dem Metaverse, that will revolutionize everything, wenn es zu der weltweiten medialen Infrastruktur geworden ist, wie es das heutige Internet ist. Entscheidend ist die Durchlässigkeit, das Zusammenwachsen der einzelnen immersiven Umgebungen –  entsprechend etwa dem Bild der Begehbarkeit eines virtuellen öffentlichen Raumes. Das beinhaltet nichts weniger als das Entstehen einer neuen Form von Öffentlichkeit, die noch völlig unerprobt ist.
Ein simples Beispiel: Im Spiegel² war neulich ein Artikel über eine südkoreanische Designerin zu lesen, die  Kleider, Frisuren und Schmuck für Avatare entwirft. Mode braucht Öffentlichkeit, einen Common Meeting Ground an dem ausgehandelt wird, was schön, was wichtig ist,  Mode ist auf Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit angewiesen. Bilden sich neue Formen heraus?  Öffentlichkeit ist mehr als eine Gaming- Community, die von Spielregeln geleitet wird. Wie verhalten sich mit Sensoren nversehene Avatare zueinander?
Ball spricht davon, dass sich problematische Erscheinungen gegenüber dem heutigen Internet nochmals verstärken werden: Beschimpfungen, Schikane, der Einfluss von Algorithmen auf unser Leben, Radikalisierung, Verschwörungstheorien. Verbreiten sich agressive Handlungen, sexuelle Belästigung? Entwickeln sich neue Formen von Kriminalität? Menschliches Verhalten wird erst in Aushandlungsprozessen zivilisiert.
In den 90er Jahren sprach man von virtuellen sozialen Beziehungen im Cyberspace, wie es damals hiess. Die Basis der Vergemeinschaftung bildete verschriftliche gesprochene Sprache.

Die Foresight Company Z.punkt stellte kürzlich das unten stehende Modell von 4 Szenarios vor. Wie sich ein Real Metaverse tatsächlich einmal ausgestaltet, ist wohl eine Frage technisch/ gesellschaftlicher Evolution – Technogenese, aber auch politischer Entscheidungen. Wahrscheinlich wird es letztlich sehr verschieden von dem sein, was wir uns heute vorstellen bzw.  uns vorgesteltl wird.
Walledverses wären von den grossen Technikkonzernen (GAFAM), in Kooperation mit Firmen wie Disney, Nike etc. aufgebaute immersive Erlebniswelten. 3D- Welten  im Geiste von Flagship Stores, man könnte sagen virtuelle Kathedralen des Konsumkapitalismus.
Gaming ist eine Schlüsselbranche, in der sich hohe Investitionen am ehesten amortisieren. Gaming hat zudem enormes popularkulturelles Potential – über verbreiten sich Moden, Haltungen etc., wie es lange Zeit in der Popkultur geschah.
Nicheverse(s) ist Sammelbegriff für in sich abgeschlossene, oft kurzlebige  immersive Welten. Sie werden  von/ für einzelne Communities betrieben. Sie verschwinden oft wieder schnell – können aber prinzipiell Keimzelle neuer Infrastrukturen  werden.

Metaverse- Scenarios von Z- Punkt – The Foresight Company 9/22 – wird nach Klick in voller Grösse auf neuer Seite angezeigt

 

 

Christian Zabel. Gernot Heisenberg, Daniel O’Brien: Extended/Cross Reality (XR in Deutschland 2022. Studie im Auftrag von Mediennetzwerk NRW. Stand 4.07.2022; 98 S.  (Download). Graphik von Z.Punkt. The Foresight Company. Metaverse- Meeting Köln. 1.09.2022- Interview mit Matthew Ball, NZZ , Marie-Astrid Langer 21.09.2022. – ¹ den Begriff Futures Appropriation habe ich von Dirk Songuer (Fieldnotes from the Metaverse) übernommen.;¹von: gartner.com   L. M. Sacasas: Notes From the Metaverse. The Convivial Society: Vol. 2, No. 16: Thomas Riedel: Metaverse-Podcast² von Katharina Graça Peters 31/2022:

 



Narrative und Innovationen – keine Rezension

Was verbindet Narrative und Innovation, wie kommt beides zusammen in einen Titel? Einer der beiden Herausgeber (Lutz Becker) verwies mich kürzlich auf den nebenstehenden Titel Narrative and Innovation aus dem Jahre 2013.  Damals ging es darum, gesellschaftliche Narrative als Ressource für industrielle wie soziale Innovationen heranzuziehen: How can innovation be derived from societal narratives contribute to industrial and social innovation? (7).  Am Anfang jeder Innovation steht eine Geschichte über die beabsichtigte Zukunft. Diese Geschichte ist gewissermaßen das Rückgrat des Innovationsprozesses: Sie ist Landkarte und Vision zugleich. In anschließenden Analysen erfolgreicher Innovationsprozesse lassen sich die Geschichten dahinter sehr gut erkennen (vgl. Müller, S. 140). Ähnlich sieht es Jens Beckert in Imaginierte Zukunft (2016/18): Innovationen sind mit  fiktionalen Erwartungen/ Imaginationen zukünftiger Zustände der Welt verbunden – Begriffe die Beckert anstelle von Visionen, Versprechen etc. verwendet. Innovationen sind dabei Imaginationen technologischer Zukunft. Er bezieht sich dabei auf Josef Schumpeter (274 ff).

Buzzwords gibt es viele und immer wieder.  Mega- Buzzwords wurden bisher noch nicht beschrieben, aber wenn, dann haben Innovation und  Narrativ(e)  mittlerweile das Zeug dazu (+ agile).
Befasst man sich mit Digitalisierung, Zukunft und langfristiger gesellschaftlicher Entwicklung stösst man unweigerlich und immer wieder  auf den Begriff Innovation, meist mit einer ganzen Reihe von Konnotationen – Narrativen – aufgeladen  (vgl. Innovation und Gesellschaft, 3/19) .

Man kann es drehen: Welche Narrative bedient Innovation?und: Was ist so innovativ an Narrativen?
Allein vom Namen her stehen Innovationen in einem Fortschrittsnarrativ, sie sind dessen einzelne Bausteine.  Zunächst bedeutet Innovation  geplante und kontrollierte Veränderung, Neuerung und Anwendung neuer Ideen und Techniken in einem sozialen System durch Anwendung neuer Ideen und Techniken, bisher unbekannter Produkte oder Rollen in einem sozialen System oder Subsystem … Initiativen dazu gehen meist von kreativen einzelnen aus – so steht es im Lexikon zur Soziologie (2007). Gemeint ist meist die wirtschaftlich erfolgreiche Umsetzung von Erfindungen und Ideen, ein Transfer von Forschung und Wissenschaft in die Industrie bzw. Wertschöpfung – etwas das gezielt gefördert wird, und das man auch messen kann.
Innovationen sind ein Grundstein kapitalistischer Dynamik, Wachstum wird durch die Einführung neuer Produkte, durch eine effizientere Produktion  und die Ausweitung von Marktbeziehungen angetrieben. Innovationsraten haben enorme Auswirkungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Unternehmen, Regionen und ganzen Volkswirtschaften. Würden sie sich signifikant verlangsamen, würde die Wirtschaft stagnieren  (Beckert, S.  267ff).  Innovationen können ganz unterschiedlicher Art sein, im Alltag begegnen sie uns als spürbare Neuerungen, wie das SmartPhone oder  medizinischer Fortschritt – oder eben auch als kompostierbares Acetat, aus dem die stylische Sonnenbrille gefertigt wurde,  oder dem mit seinen Nutzern gemeinsam entworfenen Basketballschuh. Mit Digitalisierung, der Entwicklung von Computer- und Netztechnik ist ein wesentlicher Schub von Innovationen verbunden, ausgelöst durch  Basisinnovationen in der zu Grunde liegenden Technologie. Wenn der Investor und Silicon Valley Oligarch Peter Thiel in seinem Buch  Zero to One Innovation als Rettung unserer Gesellschaft beschreibt, dann verfolgt er einen eigenen Narrativ des technischen Fortschritts, den man auch als kalifornische Ideologie bezeichnet.

Narrativ/f als Adjektiv im Sinne von erzählend gab es im Deutschen, wie auch in anderen Sprachen schon lange. Die heutige Bedeutung Sinnstiftende Erzählung geht auf eine Übersetzung der grands récits bzw. Metaerzählungen   von J.F. Lyotard vom Französischen ins Englische  (SZ, 25.08.17)* zurück. Gemeint waren die  Hauptströme der abendländischen Philosophie im Gefolge Kants und Hegels – daraus wurden dabei die grandes narratives, die es nach Lyotard zu überwinden galt.. In diesem Sinne  ist Narrativ als Substantiv im Deutschen  erst seit 1994 belegt.
In der öffentlichen Wahrnehmung ist die Verbindung technologische Innovation/ ökonomischer Fortschritt ein zentraler Gedanke. Ein Satz wie Deutschlands wirtschaftliche Stärke hängt von der Innovationskraft der Unternehmen ab*² entspricht  allgemeiner Überzeugung – und kann als ein zentrales Narrativ und Ausdruck  von Identität als führende Industrienation gelten.
Innovation ist wirtschaftspolitischer Impetus, ohne Innovationen kein Wachstum. Der Zwang bzw. Druck zur Innovation ist aber auch Treiber der Beschleunigung, die Hartmut Rosa beklagt – ein gegenläufiges Narrativ. Manchmal entsteht der Eindruck, dass es oft dieselben Menschen sind, die Beschleunigung betreiben, um sie dann  besinnlichen Stunden zu beklagen.

Erzählende Affen. Mythen, Lügen, Utopien. Wie Geschichten unser Leben bestimmen von Samira El Ouassil und Friedemann Karig, ist  ein ziemlich erfolgreiches,  lesenswertes und unterhaltsames,  im Stil essayistisches Sachbuch, erschienen 10/21. Ein Buch, das Narrative als Konstanten menschlicher Zivilisation ausbreitet, von antiken Dramen zu  Netflix- Serien, ganz besonders in den Genres der Popularkultur, dem Film und der Popmusik. Eine Fundgrube der Narrative und ihrer Verzweigungen, das Buch sammelt ein, was den Begriff populär gemacht hat.  Die Geschichte der Menschheit ist auch die Summe der geteilten Geschichten.  Ganz zum Schluss steht der Satz Unsere These war und ist, dass Narrative, verpackt in mächtige Kulturprodukte, politische Programme oder platte Popsongs, heute die größte transformative Kraft besitzen (274). Mir scheint das zweifelhaft: Dass Narrative transformative Kraft ausdrücken können, macht  sie nicht  zu der Kraft selber. 

Sinnstiftende Erzählungen gab es zu allen Zeiten, die meiste Zeit waren sie mythologisch, religiös, zumindest philosophisch eingebunden: in Meta- Narrative – auch diesen Begriff gibt es. Gemeint sind die übergeordneten Ideen und Weltanschauungen und diese waren lange Zeit religiös, später von der Philosophie der Aufklärung bestimmt. Auch die Werke von  Max Weber und Karl Marx werden als solche, genauso wie Arbeit und Sparsamkeit als zentrale gesellschaftliche WerteMeta-Narrative bilden den Humus, aus dem konkrete politische Überzeugungen erwachsen, zumal in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, wo Vorstellungen von Gerechtigkeit und Anstand zentral sind *³.

Warum wurde ein Begriff wie Narrativ gerade jetzt so attraktiv? Meine Vermutung: Unterschiedliche Sinnangebote und Erzählstrukturen der Realität (z.B. Querdenker) stehen im Social Media Zeitalter sichtbar nebeneinander, oft ganz banal in der Twitter- Timeline. Will man die Angebote nutzen, muss man erkennen, was zusammenhängt und was nicht. Narrative sind die erkannten Pfade im Dschungel der öffentlichen Kommunikation unserer Zeit. Ist die wahrgenommene Realität dann der erkannte Narrativ?
Den Social Media vorausgegangen sind  Erfahrungen in den Popularkulturen. Filme und Popmusik verwiesen immer wieder, versteckt oder offen, auf übergreifende Erzählungen, Stimmungen und Moden. Referentialität meint die “Nutzung bestehenden kulturellen Materials für die eigene Produktion” (s. Kultur der Digitalität, F. Stalder, 2016) und wohl auch der  eigenen Argumentation; wir kennen es aus Remixes, Collagen, MashUps, Coverversionen, Inszenierungen wie Cosplay: Einzelne Elemente werden mit neuer Bedeutungszuweisung zusammengeführt.

Aus dem übermässigen Gebrauch einzelner Begriffe werden dann Buzzwords. Die auf Wirkung bedachten Kommunikationsagenten in WErbung, PR und Unternehmensberatung sind die Verbreiter davon. Es ist wie in der Küche: wenn ein Begriff sich verbreitet und dabei noch klug klingen soll, schmeckt eine Zeitlang alles nach Balsamico.

vgl. Innovation und Gesellschaft –  *s. Sueddeutsche Zeitung vom 25.08.2017: Anfang der Achtzigerjahre fingen angelsächsische Geisteswissenschaftler allerdings an, das Wort “Narrativ” gehörig aufzublasen. Schuld war der Versuch, Jean-François Lyotard, den französischen Gründervater der Postmoderne, ins Englische zu übertragen. Aus dessen “grands récits” oder “Metaerzählungen” – gemeint waren die Hauptströme der abendländischen Philosophie im Gefolge Kants und Hegels – wurden dabei die “grandes narratives”, die es nach Lyotard zu überwinden galt. *² aus: Innovation: digital und mit Begeisterung. Impact Mediaverlag , Juli 2021. Samira El Ousassil & Friedemann Karig: Erzählende Affen. Mythen, Lügen, Utopien. Wie Geschichten unser Leben bestimmen, 2021, 522 S. *³ Henrik Müller im Manager Magazin, 4.07.2022  Jens Beckert: Imaginierte Zukunft. Fiktionale Erwartungen und die Dynamik des Kapitalismus, Berlin 2018. 568 S. –  Andreas P. Müller & Lutz Becker (Eds.) Narrative and Innovation: New Ideas for Business Administration, Strategic Management and Entrepreneurship (Management – Culture – Interpretation). darin: Michael Müller: How Innovation become Successful through Stories, 139 ff.)



Zivilisationsprozess – continued

zivilisierter Auftritt? Bild: unsplash.com

Auf Norbert Elias (1897-1990) und die Zivilisationstheorie bin ich im Blog immer wieder zu sprechen gekommen (s. u.). Seit dem Hauptstudium Soziologie hat mich  immer wieder die Frage beschäftigt, wie man mit der Zivilisationstheorie neuere Entwicklungen in Gegenwart und Zukunft beschreiben und erklären kann.
Zivilisation ist kein einmal erreichter Zustand, sondern im ständigen Wandel begriffen, der Zivilisationsprozess ein nie abgeschlossener Prozess, der ungesteuert, evolutionär, verläuft.  Elias hatte den Zivilisationsprozess als langfristig gerichtet, durch wechselseitige Verflechtungen – Interdependenzen – angetrieben, beschrieben. Dabei gibt es immer wieder auch gegenläufige Tendenzen. Jede Zivilisation orientiert sich an ihren eigenen Werten, Verhaltensstandards setzen den Rahmen für Handeln und Empfinden.

Was das Werk von Elias auszeichnet und über den historischen Prozess hinaus interessant macht, ist die Verbindung und gegenseitige Durchdringung zweier Prozesse: der Herausbildung von Gesellschafts- und Persönlichkeitsstrukturen, Sozio- und Psychogenese. Es gibt Überschneidungen zu Karl Polanyi (1886 – 1964), The Great Transformation (1944): beide befassten sich mit langfristigen gesellschaftlichen Prozessen an der Schwelle der Vormoderne  zur Moderne, beide arbeiteten allgemeingültige Regelhaftigkeiten des Wandels heraus. Ging es bei Polanyi um die Durchsetzung des Prinzips der Marktwirtschaft und die Umgestaltung der Gesellschaft unter deren Primat, ging es bei Elias um Wandlungen in den Persönlichkeitsstrukturen hin zu einem gesellschaftlichen Zwang zum Selbstzwang.
Eine zentrale Rolle spielt die Ausformung des Habitus, in dem sich die  Gesamtheit sozial vermittelter Persönlichkeit, erworben durch Herkunft,  Bildung und gesellschaftliche Rolle, spiegelt – ein Konzept, das ebenso sehr von
Pierre Bourdieu (1930 – 2002; La Distinction. Critique sociale du jugement, 1979) geprägt wurde. Beide Autoren werden oft in ähnlichen Kontexten zur Erklärung herangezogen, gemeinsam ist beiden eine Sichtweise, die Gesellschaft und Individuum nicht als dichothome Gegensätze beschreibt.
So sinnvoll und allgemeingültig Konzepte und Begriffe von Elias und Bourdieu sind, so wenig aktuell ist die Materialbasis. Der Zivilisationsprozess behandelt die Soziogenese der abendländischen Zívilisation bis zum 19. Jh,  Elias schrieb daran in den 20er und 30er Jahren. In seinem Alterswerk, bis in die 80er Jahre,  befasste er sich v.a. mit den daraus  folgenden methodischen  Schlüssen.
Auch die Datenbasis Bourdieus, an denen er u..a die Konzepte von kulturellem und sozialem Kapital herausarbeitete liegt ca. 50 Jahre zurück. So hat sich etwa die Bedeutung der Vertrautheit mit der legitimen Kultur als kulturellem Kapital seitdem sicherlich verschoben. Legitime Kultur bedeutet den anerkannten Kanon der Hochkultur in seinen jeweiligen nationalen Ausprägungen – im Gegensatz zur populären Kultur, die vom Markt bestimmt ist und zu Gegenkulturen (Counter- Culture), an der sich nicht- etablierte Öffentlichkeiten orientieren.

Der Amsterdamer Soziologe Cas Wouters hatte seit den späten 70er Jahren mit der Informalisierungsthese  eine Richtungsänderung des Zivilisations-prozesses formuliert. Gegenüber strikt regulierten Verhaltenscodes haben sich Selbststeuerung, eine Emanzipation der Emotionen, Variationsspielraum, die flexible Anwendung von Verhaltensregeln als neue Ideale einer bewußteren Steuerung durchgesetzt. Informalisierung ist mit Individualisierung verbunden, Selbstkontrolle wird zum Selbstmanagement.

Erfolgreiche Landnahme durch das Advertising: the conquest of cool (1997)

Seit den 90er Jahren wurde immer wieder ein erneuerter Kapitalismus beschrieben. In Der neue Geist des Kapitalismus (1999) stellten die Autoren Boltanski & Chiapello einen Kapitalismus dar, der die sog. Künstlerkritik*  aufgegriffen und verarbeitet hat.
Deutlich illustriert der Titel the conquest of cool  eine Vereinnahmung, die Landnahme** des Prinzips Coolness, der  Counterculture durch die Werbewirtschaft. Ähnlich verstehen lässt sich die zeitweilig enorme Popularität der Thesen von Richard Florida zur Creative Class.
Alle diese Thesen sind angreifbar und sie wurden mehrfach deutlich kritisiert – aber es sind jeweils einzelne Diskussionen.  Im Idealfall und etwas übersteigert bedeuten sie die Verbindung der Lebensweise der Bohème mit der materiellen Akkumulation des Kapitalismus.
Sie folgen dem Ideal des sich selbst entfaltenden Individuums, einem  expressiven Selbst, das nicht einfach Konventionen folgt – aber innerhalb des marktwirtschaftlichen Rahmens bleibt,  und – im Idealfalle – die  ökonomische Eigenverantwortung annimmt. Auf die verbreitete Wirklichkeit heruntergebrochen sind es Veränderungsprozesse, in denen das Maß persönlicher Autonomie und Kreativität am Arbeitsplatz, die Wahlmöglichkeiten der Lebensführung zugenommen hat – letztlich die Aufwertung von Kreativität als Ressource von Innovation und Fortschritt.

Hochkultur findet weiterhin Beachtung, aber die Vertrautheit mit ihr dient nur noch selten als legitime Kultur der Distinktion.  Vertrautheit mit der populären Kultur nimmt zu bzw. wird häufiger kommuniziert. Popsongs, Filme, Serien, Comics,  aber auch Produktdesign etc.  werden referenziert, wenn es um die Vermittlung von Eindrücken, Stimmungen etc.  geht. Auffallend ist weiterhin ein oft weitreichendes Produktwissen.

Korrektheit im 21. Jahrhundert. Bild: pexels-elevate-digital

Wo stehen wir heute? Wahrscheinlich passt das Etikett Consumer Culture*** immer noch am besten, wenn auch in der (digitalen) Spätphase. Ein Kennzeichen ist die Verfügbarkeit bzw. Zugänglichkeit von  Ressourcen jeglicher Herkunft, die über den Markt geregelt wird. Der Habitus – das persönliche Erscheinungsbild – ist zumindest reflektiert, wird oft sorgsam gepflegt. Zugehörigkeiten bleiben wohl erkennbar, klassische Milieus verblassen aber mehr und mehr.  Der Begriff Informalisierung passt immer seltener, oft scheint sie inszeniert. Kompetenz und Professionalität, die Marktfähigkeit der eigenen Person werden auf eine oft sehr subtile Weise kommuniziert.  Coaching zu ihrer Pflege  wurde zur Dienstleistung.
Soziale Ungleichheit ist selten Thema, Verstösse gegen Gleichheitsgrundsätze umso mehr, vgl. politische Korrektheit.
Cultural Appropriation/Kulturelle Aneignung gehört zum Wesen der Consumer Culture – kein Stil, keine Tradition, die nicht auf ihre Adaption oder Marktfähigkeit  abgeklopft, nicht in irgendeiner Weise verwertet wird – sei es aus dem ethnischen Fundus (hier insbes. kulinarisch), sei es aus dem der Popularkulturen. Einerseits ist grösstmögliche Authentizität gefragt und wird geschätzt, andererseits ist Fusion, Crossover, MashUp die sichtbarste Eigenleistung in Küche, Musik und Mode. Gelegentlich treten medienwirksame Konflikte zur Urheberschaft auf, als ob kollektive Urheberrechte eingefordert werden sollen.

Was folgt? Meine Einschätzung: Wahrscheinlich wird die Dringlichkeit gemeinschaftlich zu lösender Probleme ein Treiber des Zivilisationsprozesses sein, an dem sich Ausformungen des Habitus, von Verhaltensstandards, kulturelles Kapital,  herausbilden. Ausprägungen von Lebensstilen,  Werden soziale Ungleichheiten grossen Ausmasses dauerhaft akzeptiert? Hin zu einer metamodernen Welt?
Elias ging es  um die langfristige Entwicklung von Gesellschaften, die Ausformung des Habitus, um Wandlungsprozesse – heute spricht man von Transformationen – der Gesellschafts- und Persönlichkeitsstrukturen: Sozio- und Psychogenese. Dabei nutzte er damals als ungewöhnlich erachtete Quellen: Aufzeichnungen zu Verhaltensstandards, später auch Manierenbücher. Solche gibt es hier und da noch heute, aber sie spielen kaum noch eine Rolle. Heute wird man eher in der Managementliteratur und in Social Media fündig. In ersterer wohl den zumindest für Teilgruppen geltenden Stand; Social Media spiegeln hingegen die Breite des Verhaltens. Derzeit sind wohl instagram mit einem ausufernden visuellen Selbstmarketing – und verhaltener LinkedIn als Bühne  der Professionalitätsdarstellung am interessantesten. Verweisen möchte ich noch auf das Konzept Technogenese, über das ich in anderen Blogbeiträgen geschrieben habe. Technologische Systeme entstehen gesellschaftlich – und sind von der Kultur geprägt, die sie hervorgebracht hat. Letztlich setzen sich Techniken nur dann durch, wenn sie ganz offensichtlich einen Nerv der Gesellschaft treffen.

Soweit eine Skizze zu möglichen Fortschreibungen des Zivilisationsprozesses. Bisher nur Bruchstücke – um was es mir geht, ist das Narrativ von der parallelen Entwicklungen von Persönlichkeits- und Gesellschaftsstrukturen (technische Entwicklung dann auch noch dazu ….)

 

Blogbeiträge mit Bezug zur Zivilisationstheorie:  Über den Prozess der Digitalisierung  – Machtbalance und Figuration Digitale Figurationen   Die grosse Transformation. Polanyi und die Digitalisierung, Digitaler Habitus, Was treibt die Zukunft an
*als Künstlerkritik wird die Kritik am Kapitalismus bezeichnet, die sich gegen Entfremdung im fordistischen Kapitalismus richtete, Freiheit, Autonomie, Sinn, Authentizität und Spaß einfordert; daneben steht die Sozialkritik, die sich auf Solidarität, Sicherheit und Gleichheit gründet und diese einfordert
** analog zur Digitalen Landnahme der grossen Digitalunternehmen beim Abgreifen von Nutzerdaten (bei Zuboff – Überwachungskapitalismus)
***Consumer Culture:  “Social arrangement in which the relations between lived culture and social resources, between meaningful ways of life and the symbolic and material resources on which they depend, are mediated through markets”   Eric J. Arnould, Craig J. Thompson 
In: Journal of Consumer Research, Volume 31, Issue 4, March 2005, Pages 868–882,

vgl.: Norbert Elias  Über den  Prozess der Zivilisation. Soziogenetische und Psychogenetische Untersuchungen,  1938 u. 1969. Band 1 u. 2.  .Pierre Bourdieu: La Distinction. Critique sociale du jugement, 1979, . dt: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. 1984  Cas Wouters: Van Minnen en Sterven. Informalisering van omgangsvormen rond seks en dood. Amsterdam, 1990. Luc Boltanski & Ève Chiapello: Der Neue Geist des Kapitalismus * . J. Rössel & K. Bromberger “ Strukturiert kulturelles Kapital auch den Konsum von Populärkultur?”  Zeitschrift für Soziologie, Band 38 Heft 6.  S. 494 – 511, 2009. Thomas Frank: the conquest of cool. Business Culture, Counterculture, and the Rise of Hip Consumerism. 1997. Mike Featherstone: Consumer Culture and Postmodernism. 1991/2007



Metamoderne – erster Überblick

In der Diskussion auf der letzten FuturesLounge im Mai kam die Sprache auf Metamodernity/ Metamodernism – international und v.a. auch in Nachbarländern wie den Niederlanden und Dänemark ein bereits seit längerem verbreiteter Begriff, im deutschen Sprachraum allerdings nur sporadisch gebraucht.
Metamoderne ist Reaktion und Abkehr von der verblassenden  Epochenbezeichnung Postmoderne, ein Branding  für das, was danach kommt, was manchmal auch aus Verlegenheit Post- Postmoderne genannt wurde. Unter dem Label metamodern (in mehreren Verbegrifflichungen) kristallisiert sich ein neuer Blick auf die gegenwärtige und in die zukünftige Welt heraus. Die Periodisierung ist eher zweitrangig.

Der Begriff selber ist gar nicht mehr so neu. Den Durchbruch hatte er mit dem Essay (2010) und dem darauf folgenden Webzine (2009 – 2016, archiviert) Notes on Metamodernism der Rotterdamer Kulturwissenschaftler Timotheus Vermeulen und Robin van den Akker. Themen des Webzine waren Trends und Tendenzen in  Current Affairs, in der Netzkultur und aus fast allen Kultursparten von Architektur über Tanz und Performance bis Film und Literatur. Als prominente Beispiele für eine Ästhetik, die nicht länger mit den Begriffen der Postmoderne erklärt werden kann, wurden u.a. die Hamburger Elbphilharmonie – 2010 im Rohbau -, die Filme von David Lynch  und die Literatur von Jonathan Franzen genannt. Man muss sich schon länger damit befassen, um diese Werke miteinander in Verbindung zu bringen –  sie sind dazu noch mit dem Merkmal  neoromantisch versehen.
Metamoderne ist demnach eine in den 2000er Jahren gewachsene Grundstruktur, die seitdem zu einer dominanten kulturellen Logik vorrangig in den westlichen kapitalistischen Gesellschaften geworden ist. Vermeulen & Van den Akker  verwenden den Begriff Metamoderne als heuristisches Etikett, um ästhetische und kulturelle Entwicklungen zu erklären, und gleichzeitig auch zu periodisieren.

Die History- Matrix von Lene Andersen (42/43) – erscheint nach Klick in voller Auflösung in neuem Fenster

Die dänische Philosophin und Bildungsaktivistin Lene Andersen unterscheidet (82) in  dem Einführungsband Metamodernity – Meaning and Hope in a Complex World  (6/2019) zwischen Metamodernity und Metamodernism. Während letzterer in etwa den Ausführungen von Vermeulen und van den Akker folgt, verbindet  ihr Begriff von Metamodernity sämtliche vorhergehenden kulturellen Codes: die indigenen, prämodernen, modernen und postmodernen. Indigene Codes können etwa auf eine Verbindung  mit der  Natur verweisen, die wir brauchen, um Kreisläufe wiederherzustellen, so u.a. zur Lösung der Klimakrise. Metamodernity integriert solche kulturellen Codes und bietet so einen Rahmen, uns selbst und unsere Gesellschaften auf komplexe Art zu verstehen, soziale Normen und ein moralisches Gefüge für Intimität, Spiritualität, Religion, Wissenschaft und Selbsterkundung.
In einer History– Matrix (s. Abb.) setzt Andersen universelle Grössen, wie Wissen, Machtstruktur und vorherrschende Narrative in bezug zu Epochen, die nach den jeweils höchst entwickelten Technologien abgegrenzt sind. Derzeit haben wir die Transition von der industriellen Epoche zum ICT Age (Information and Communication Technologies) hinter uns, bald folgt das BINC Age (Bio-, Information-, Nano & Cogno- Technologies.  Vom Aufbau erinnert die Matrix an die von Dirk Baecker (2018), der die zivilisatorische  Entwicklung in vier Medienepochen gliedert und der modernen die nächste Gesellschaft folgen lässt.
Lene Andersen gehört dem Think Tank Nordic Bildung – Better Bildung,  Better Future, an –  sehr deutlich mit dem auf einer breiten Volksbildung basierenden skandinavischen Gesellschaftsmodell verbunden. Ebenso damit  verbunden ist Hanzi Freinacht, Autor von Nordic Ideology: A Metamodern Guide to Politics (2019).   Sicherlich sind die kulturell homogenen skandinavischen Gesellschaften in der Entwicklung einer Collective Imaginary -in etwa eine kollektive Zukunftsvision – a Shared Vision of the good society, begünstigt und Vorreiter. Der Anspruch eines von den nordischen Ländern ausgehenden Weges in eine metamoderne Gesellschaft, die die Welt vor einem System- Kollaps bewahrt, zeugt aber auch von Sendungsbewusstsein (vgl. Freinacht). 

Jason Storm – Autor “Metamodernism”

Metamodernism. The Future of Theory von Jason Storm(Chicago) erschien 7/2021 und wurde in Kommentaren teilweise enthusiastisch gefeiert: als Öffnung zu neuen Denkweilten, der Autor schöpfe mühelos  aus scheinbar unendlichen Ressourcen, um die Aufgabe zu bewältigen, die er sich selbst gestellt hat.
Jason Storm  ist Universitätsprofessor, bezeichnet sich selber als Philosopher of the Human Science und ist zugleich Rockmusiker, bis dato eine eher ungewöhnliche Kombination – beim Autorenbild dachte ich tatsächlich an Wild at Heart von David Lynch – Humanwissenschaftler in Rockstar- Pose.  Storm versteht sein Werk selber als ein  First- Order Philosophy mit dem Anspruch für sich allein zu stehen. Kein programmatisches metamodernes Paradigma soll beschrieben werden, sondern das Werk soll einen Paradigmenwechsel auslösen.  Mehr zu diesem ambitionierten Titel in Kürze: ist bestellt und Rezension vorgesehen.

Postmoderne war als Epochenkonzept seit ca. 40 Jahren in Verwendung – langsam verblassend. Ausgangspunkt war 1979 der Essay Das postmoderne Wissen/ La condition postmoderne von Jean- François Lyotard. Sie machte es möglich,  uns selbst, unsere Kultur und unsere Zivilisation von außen zu betrachten, sie zu dekonstruieren, um ihre Teile und ihre inneren Strukturen zu untersuchen. Poststukturalismus, Kontextualität, das Führen von Diskursen sind zugehörige Schlagwörter, ironische Distanz eine verbreitete Attitüde. Der Begriff wurde damals schnell populär, besonders in Philosophie, Kunst und Architektur.  Später wurde der Begriff oft bis zum Überdruss und darüber hinaus verwendet, und weckte so auch immer wieder Gegenreaktionen.
Die Moderne gab uns gleiche Rechte und Chancen, Demokratie, Wissenschaft incl. wissenschaftlicher Medizin, und die Verpflichtung, zu zweifeln und zu denken, ihr verdanken wir den – linearen – Fortschritt als solchen, sie ist untrennbar mit der wissenschaftlichen Revolution verbunden.  Klischeehaft war der Weisse Mann ihr Träger.
Metamoderne Philosophie tritt auf in einer Zeit, in der Internet und Social Media für einen Grossteil der Menschen eine selbstverständliche Umgebung sind. Ausdruck der Zukunftsfragen postindustrieller Gesellschaften, in der immer weniger Menschen an den industriellen Prozesse und der Distribution ihrer Produkte beteiligt sind.  Metamodernism doesn’t just generate mixed feelings – it’s about mixed feelings (Jonathan Rawson).
Zum Metaverse hat Metamoderne übrigens keine direkte Verbindung – wenn nicht eine aktuelle Vorliebe für weit überwölbende Begriffe, die mit Meta gekennzeichnet sind, für beides zutrifft. Parallelen werden zu entdecken sein.

Lene Rachel Andersen: Metamodernity. Meaning and Hope in a Complex World . Nordic Bildung, 2019, 137 S.  Jason Ananda Joseph Storm: Metamodernism. The Future of Theory. Chicago 2021. Jonathan Rowson, Layman Pascal: Dispatches from a Time Between Worlds. Crisis and emergence in metamodernity. 376 S. 6/2021 Hanzi Freinacht (ein Pseudonym für ein Autoren- Duo) Nordic Ideology: A Metamodern Guide to Politics, Book Two (Metamodern Guides, Band 2), 2019  Robin van den Akker, Alison Gibbons, and Timotheus Vermeulen (Eds) Metamodernism: Historicity, Affect, and Depth after Postmodernism (2017) Robin van den Akker, Timotheus Vermeulen: Notes on metamodernism. Journal of Aesthetics & Culture. Vol. 2, 2010  , S. 3- 14. auf youtube: Metamodernity Versus Metamodernism w/ Lene Rachel Andersen  — Metamodernism: The Future of Theory w/ Jason Josephson Storm



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