Vegan – eine (kleine) Netnographie

Die Sorge um richtige Ernährung treibt viele Menschen um. Es geht nicht nur um Genuß und Gesundheit + finanzieller Erwägungen, Werthaltungen spielen eine Rolle. Zwei davon lassen sich hervorheben: Prinzipien der Nachhaltigkeit und vegane Lebensweise. In weiten Teilen überschneiden sie sich, bei beiden spielt das Unbehagen an industrieller Landwirtschaft und insbes. Massentierhaltung eine Rolle. In entscheidenden Punkten stehen sie sich aber entgegen. Steht bei den Werten der Nachhaltigkeit, wie sie etwa von Slow Food vertreten werden, die Frage “Unter welchen ökologischen und sozialen Bedingungen und in welcher handwerklichen Qualität wird produziert und welche Auswirkungen hat das lokal und global?“¹ im Vordergrund, geht es bei der veganen Lebensweise um die vollständige Vermeidung von Produkten tierischer Herkunft, bis hin zu Wolle, Daunen und Honig. Es geht um moralische Gründe, Tierleid zu vermeiden und es ist jeweils eine persönliche Entscheidung, seine Lebensweise daran anzupassen. Die Tierrechtsorganisation PETA beansprucht eine Meinungsführerschaft. Wie weitgehend deren “antispeziezistische ²” Positionen geteilt werden, kann aber nicht gesagt werden.

Online-Kommunikation zu “Vegan" im Juni 2015
Online-Kommunikation zu “Vegan” im Juni 2015

Wir haben über einen Monat (Juni 2015) die Online-Kommunikation zum Thema Vegan  beobachtet, dabei stand die aktuelle Version der Monitoringsoftware Radarly von linkfluence zur Verfügung. Wie erwartet ist das Thema Vegan im SocialWeb überaus präsent. Das beginnt mit den zahllosen mit #vegan versehenen Bildern auf instagram (insges. sind es 14 Mill.- weltweit und seitdem instagram besteht). Facebook dient der Gruppenkommunikation und wird genau wie Twitter häufig für Linkverweise oder als Container für Bilder oder Videos genutzt. Youtube bietet den einzelnen Online- Akteuren die wohl besten Möglichkeiten und steht für Videoblogs mit Produkttests, Koch-  und Backrezepten, aber auch Meinungsbeiträgen, Video-Tagebüchern und einigen handwerklich gutgemachten Dokumentationen. Kernstück des veganen Netzes bilden einige Websites, Blogs und Foren. In den entsprechenden Foren geht es um alle Fragen veganer Lebensführung bzw. den Weg dorthin, die Kommunikation bleibt unter Gleichgesinnten. Es sind v.a. Fragen zur Ernährung und der Ernährungsumstellung, aber auch des Umgangs mit der omnivoren (alles essenden)  Umgebung. Auffallend ist u.a. die grössere Zahl von Beiträgen zu Kosmetik als zur Bekleidung.
Eine steigende Zahl von Verbrauchern sieht keine andere Möglichkeit mehr, Tiere zu schützen, als auf tierische Produkte zu verzichten und sich vegan zu ernähren”³. Die Entscheidung dazu bedeutet eine klare Kante mit eindeutigen Regeln. In den letzten Jahren hat sie sich verbreitet und damit steigt das öffentliche Interesse. So taucht auch mehrfach die Formulierung “im Mainstream angekommen” auf. Man kann zwar noch von einer veganen Szene sprechen, sie zeigt sich aber in unterschiedlichen Umgebungen und erstreckt sich über mehrere Milieus. Vegan steht im Umfeld klassisch grüner Themen von Klimaschutz bis Urban Gardening, von Lifestyle & Fashion, es gibt Sparversionen (wie kann ich günstig vegan leben?) und den graswurzelanarchistischen Slogan “Kein Gott- kein Staat – kein Fleischsalat”. Vegan ist aber vor allem weiblich: in den meisten Studien wird ein Frauenanteil von 75 – 80% genannt.

Veganes Warenangebot: Ersatzprodukte
Veganes Warenangebot: Sojaprodukte

Kritik und Auseinandersetzungen zur veganen Lebensweise finden sowohl auf sachlicher wie  auf polemischer und manchmal auch aggressiver Ebene statt. Massentierhaltung ist dabei kaum ein Thema, deren Ablehnung ist hier Konsens – in der Diskussion gibt es niemanden der sie befürwortet. Angriffspunkte sind eher Landwirtschaftsbereiche mit höherer Akzeptanz, wie Milchwirtschaft und zertifizierte Bio- Fleischproduktion. Auf der anderen Seite gibt es Argumente für eine nachhaltigere Landwirtschaft, in der Weidewirtschaft bestimmte Ressourcen besser nutzt. Zudem ist die Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel nicht per se nachhaltig.
Kritik gibt es am radikalen Tierschutz und Aktionismus, wie er von PETA praktiziert wird. Derzeit führt PETA den Contest “Germany’s Sexiest Vegan 2015″ durch. In der Sprache fällt oft eine ausgeprägte Vermenschlichung von Tieren (so ist beim Fleisch von Mord und Leichenteilen auf dem Teller die Rede), im weiteren ein oft belehrender Ton auf. Darauf beziehen sich antivegane Affekte, wie sie in einigen anti-vegan Blogs zum Ausdruck kommen. Zusammenfassen kann man sie mit dem – erkennbar an Gentrifizierung angelehnten – etwas hämischen Begriff   Bambifizierung. “Man könnte wohl leichter mit dem Veganismus umgehen, wenn die Leute die so leben wollen ihre missionarische Seite ablegen würden”.

Veganes Warenangebot: Convenience Food
Veganes Warenangebot: Convenience Food

Nachfrage erzeugt Angebote: In der Beobachtungszeit war z.B. die (meist als gelungen bewertete) vegane Wurstvariante von Rügenwalder Mühle ThemaDas Angebot veganer Produkte hat sich grundsätzlich verbreitert, nicht nur bei Ersatzprodukten, und es wird auch von Nicht- Veganern angenommen. Vegane Nachfrage ist aber auch Innovationstreiber: so bei der Entwicklung neuer Produkte aus Recyclingmaterialien.

Das Themenfeld Vegan im Netz berührt eine ganze Reihe von Aspekten: es geht um Ethik, Ernährung, Konsum und Marktangebot, Vergemeinschaftung und Lebensstile, um die Zukunft der Landwirtschaft. 
Das Essen ist Teil des persönlichen Lebensstils geworden, der öffentlich kommuniziert wird, wie Kleidung, Reisen oder Musikgeschmack. Veganes Essen reiht sich hier ein in eine Vielfalt von Stilen und steht neben den diversen Genuß- Szenen (Foodies), die es zu Kaffee und Schokolade, zu Craft Beer, aber auch im ambitionierten Fleischgenuß (z.B. Dry Aged Beef) gibt. Essens Stile und Genußkulturen werden im Netz und bei Events (man denke an Street Food Festivals) inszeniert. So ist etwa instagram ein gigantisches öffentliches Fotoalbum der zeitgenössischen Esskultur. Der althergebrachte Gegensatz Mainstream vs Subkulturen hat sich überholt.
Netnographie ist eine Methode, die qualitative Forschung auf die öffentliche Online- Kommunikation anwendet. Im Gegensatz zu Big Data, das sich auf die statistische Auswertung großer Datenmengen stützt, werden hier ausgewählte (entsprechend einer Fragestellung) Inhalte auf die ihnen innewohnenden Bezüge mit Hilfe qualitativer Datenanalyse untersucht: Small Data. Radarly ist ein sehr geeignetes Werkzeug, die geeigneten Quellen zu erschließen. Die Software ermöglicht die Auswahl von Quellen in festgelegten Zeitabständen nach Stichwörtern und selbst definierten Queries (Abfragen).

¹: http://www.slowfood.de/w/files/magazin/sf_0413_gesellschaft.pdf   ²Antispeziezismus: wendet sich gegen Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Art.  ³: s. http://www.topagrar.com/news/Home-top-News-Image-der-Landwirtschaft-traegt-zu-steigender-Zahl-an-Veganern-bei-1799704.html   

Fairtrade in Social Media

Fairer Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und gegenseitigem Respekt beruht und mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel anstrebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte Produzenten und Arbeiter leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung. Organisationen des fairen Handels (die von Verbrauchern unterstützt werden) sind aktiv damit beschäftigt, die Hersteller zu unterstützen, das Bewusstsein zu steigern und sich für Veränderungen bei den Regeln und der Ausführung des konventionellen internationalen Handels einzusetzen (übersetzt nach FINE, informeller Zusammenschluß der vier führenden FairTrade Organisationen*, 2001).

Kommunikation in den Social Media ist nicht repräsentativ, doch wird darin die Resonanz, die ein Thema in der Gesellschaft findet, deutlich. Einblicke in verbreitete Meinungen und Einstellungen sind möglich. Zu den wesentlichen Konsumtrends der letzten Jahre zählt der zum nachhaltigen Konsum mit sozialer und ökologischer Verantwortung. Gemeinsam mit Öko-Produkten steht Fairtrade dafür. Grund genug,  im Rahmen einer umfangreichen Studie eine Teilstudie in Social Media durchzuführen*. Anlaß war die Teilnahme der Stadt Bonn an der Kampagne Fairtradestadt: Wie wird das Thema Fairtrade in den Social Media aufgenommen und diskutiert?
Fairtrade hat den Nischenmarkt verlassen und ist dabei  “sich in der Mitte der Gesellschaft zu etablieren” (so D. Overath, GF Transfair) . Fair gehandelte Produkte sind mittlerweile auch in Supermärkten und bei Discountern zu finden. Im Mai legte der Trägerverein Transfair die Umsatzzahlen zertifizierter Fairtrade-Produkte für das Jahr 2010 vor: Nach mehreren Jahren mit Umsatzsteigerungen von mehr als 20% in Folge, liegt der Umsatz bei 340 Mill. €, ein Wachstum gegenüber dem Vorjahr von 27%. Traditionell umsatzstärkstes Produkt ist Kaffee, hinzu kommen Schnittblumen, Kakao und Schokolade, Fußbälle, Baumwollprodukte, Früchte etc. –  mit wenigen Ausnahmen landwirtschaftliche Erzeugnisse.

Social Media enthalten sehr umfangreiche und sehr unterschiedliche Informationen zum Thema Fairtrade: Hinweise auf Nachrichten und Pressemeldungen, Veranstaltungs- und Terminankündigungen, Meinungsbekundungen, PR-Hinweise zu Kampagnen und Labels, Grundsatz- und Detaildiskussionen aus Blogs und Foren – reflektierte Beiträge und ganz subjektive Bemerkungen. Die ausgewählten Beiträge können als öffentliche Kommunikation betrachtet werden – geschützte Beiträge waren nicht zugänglich. Bei der Recherche stand die Monitoring -Software von Vico Research & Consulting zur Verfügung.

Die Meinungen zu Fairtrade sind erstaunlich wenig kontrovers. Weder am Gesamtkonzept des fairen Handels selber, noch an der Umsetzung wird nennenswert Kritik geübt. Auch Zweifel an den Intentionen von Fairtrade, an Integrität und Glaubwürdigkeit der zertifizierenden Stellen werden – zumindest in dieser Auswahl – nicht genannt. Produktqualität wird selten als ein eigenständiges Thema behandelt – wird aber immer wieder positiv hervorgehoben.
Kritische Untertöne werden deutlich, wenn es um die zertifizierte Produktpalette geht, die sich im wesentlichen auf landwirtschaftliche Erzeugnisse beschränkt. So taucht schnell die Frage auf, warum denn etwa für Handys und Mainboards nicht gelten solle, was bei Schokolade und Kaffee Sinn macht. Faire Arbeitsbedingungen in der Consumerelektronik sind ein Thema von wachsendem Interesse.

Fairtrade steht zwischen zivilgesellschaftlichem Engagement und Markenbildung. Ging es in den Ursprüngen des fairen Handels um Solidaritätsbekundungen durch einen alternativen Handel außerhalb der herrschenden Ökonomie, geht es heute um Marktchancen fair gehandelter Produkte. Einkaufsverhalten von Verbrauchern bedeutet Einfluß auf Märkte. Mit der Wahl fair gehandelter Produkte können – zumindest in begrenztem Ausmaß – soziale Standards durchgesetzt werden. Gelegentlich wird die Ansicht vertreten, Fairtrade nutze mehr dem guten Gefühl, dem Seelenfrieden der Konsumenten, die sich mit fairem Einkauf auf der Seite des Guten sehen können.
Fairtrade ist aber auch Marke. Zum einen die Marke, die dem engagierten Konsumenten mit einheitlichem Logo soziale und ökologische Standards bei der Produktion garantiert – und zunehmend auch selber Teil von Markenidentitäten.
Eine relativ neue Erscheinung sind Modelabels, unter Ecodesign zusammengefasst, die sich nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit richten. In diesem Zusammenhang wird immer wieder die modische Qualität herausgestellt um nachzuweisen, dass öko, fair und organic auch richtig gut aussehen kannOrganic Wear ist nun kein Schimpfwort mehr.

Naheliegend ist eine besondere Affinität zu Bio-Produkten, ebenso besteht sie zur Neuen Genußkultur – vertreten durch Slow Food, dass sich authentischen, regional verwurzelten Produkten verpflichtet sieht. So fand im April in Stuttgart die Fairtrade Messe „Fair Handeln“ zeitgleich und am selben Ort mit dem „Markt des guten Geschmacks“, veranstaltet von Slow Food Deutschland, statt. Gemeinsam ist der Bezug zur Nachhaltigkeit. Einige der fair gehandelten Produkte weisen in diese Richtung: Premium-Hochlandkaffees, ausgesuchte Schokoladen oder Olivenöl von alten Baumbeständen sprechen die Neue Genußkultur an. Fair gehandelte Produkte sind Teil eines auf nachhaltig produzierte Waren gerichteteten Konsumstils.
Nachhaltigkeit steht im zeitgenössischen Wertekanon weit oben – sich weitgehend danach zu verhalten ist sozial besonders erwünscht. Ob tatsächlich nach dem gelebt wird, was gesagt wird, ist eine andere Sache – und lässt sich auf diesem Wege nicht erkennen. Tatsache ist aber, dass diesen Werten kaum öffentlich widersprochen wird.

* Die Gesamtstudie besteht außerdem aus Umfragen in der Bevölkerung, in Handel und Gastronomie, sowie Expertengesprächen, und wurde verantwortlich durchgeführt von der Fairtrade Consulting Cooperative und der Unternehmensberatung Pharos Services, beide in Bonn ansässig, in Zusammenarbeit mit Connosco, Köln, Social Media Analyse von Klaus Janowitz – die gesamte Auswertung ist im Laufe der kommenden Monate  zu erwarten.

 

Netnocamp revisited






Am 17.09. fand im Rahmen der Internetwoche Köln das Netnocamp als erstes Barcamp zu Netnographie und Web-Monitoring statt

„…eine international besetzte offene Tagung zum Thema qualitative Forschung im Social Web“ – so beschreibt die IHK Köln in Ihrem Newsletter das Netnocamp. Mit einer solchen Einschätzung kann man gut leben. Etwa 65 Teilnehmer hatten sich im Merkenssaal der IHK Köln eingefunden: (qualitative) Markt-und Sozialforscher, Kommunikationsberater, Studenten, Gründer, Soziologen, Social Web- Aktivisten. „No spectators, only participants“ – dieser Grundsatz von Barcamps traf zu: Es war eine sehr offene, konzentrierte und diskussionsfreudige Tagung, wenn auch die Anzahl der eingereichten Beiträge begrenzt blieb. Die internationale Besetzung stellte Prof. Rob Kozinets, Kulturanthropologe und Marketer aus Toronto, der zu einer Keynote per Livestream zugeschaltet wurde. Als Veranstalter des Netnocamp war es uns eine wesentliche Intention, das qualitative Konzept der Netnographie stärker in der Social Media Research zu verankern.

Netnocamp: Barcamp in gediegenen Räumen

Web– bzw. Social Media Monitoring erlebt derzeit einen Hype. Neue Softwarelösungen und neue Dienstleister streben fortlaufend auf den Markt. Monitoring ist eine Methode der Datenerhebung und bezeichnet die systematische, softwaregestützte, zumeist automatisierte Beobachtung und Analyse der öffentlichen digitalen Kommunikation. Die Hintergründe sind bekannt: Die zunehmende Nutzung von Social Web Funktionen hat die Reichweite und damit den Wert des Word of Mouse erhöht (kein Schreibfehler, sondern ein Wortspiel: die Verbreitung über die Computer-Mouse). Der gegenseitige Austausch von Informationen, Meinungen, Eindrücken und Erfahrungen hat einen entsprechend wachsenden Einfluß auf alle Stakeholder und ihre Einstellungen und Entscheidungen. Vom Ursprung her ein Werkzeug des Kommunikations-Controlling weiten sich die Anwendungsbereiche des Web-Monitoring in der Marktforschung aus. Die automatisierte Analyse findet v.a. bei der Einschätzung von Stimmungen (sog. Tonalitäts- oder Sentiment Analyse) ihre Grenzen.

Netnographie hat eine bereits etwas längere Geschichte (seit den 90er Jahren) und beruht auf der Übertragung ethnographischer Forschungsmethoden auf das Internet. Forschungsgegenstand von Netnographie kann sowohl eine spezielle Online Community als auch ein vorab definiertes Thema sein. Ausgangspunkt waren in den 90er Jahren (Online-) Fan-Communities, wie etwa zu Star Trek, zu Soaps und zur neuen Kaffeekultur – Themenfelder mit einer deutlichen Nähe zu den Cultural Studies. Dabei spielen auch Formen der Vergemeinschaftung über Popkultur und Konsum eine Rolle (vgl. Consumer Tribes). In der Folge wurde der Forschungsansatz weiterentwickelt und präzisiert (s. Rev. zu Netnography.Doing Ethnographic Research online/pdf). Grundsätzlich ist Netnographie ein qualitativer und explorativer Ansatz, zentral ist teilnehmende oder auch nicht-teilnehmende Beobachtung, eine Vielzahl weiterer Methoden kann einbezogen werden. Die internationale Diskussion dazu kann z.B. auf netnography.com verfolgt werden. Netnographie ist keineswegs ein auf die Marktforschung beschränkter Ansatz, Beispiele im nicht-kommerziellen Feld sind zahlreich.

Gemeinsam ist beiden Forschungskonzepten, dass sie im Internet forschen, im Gegensatz zur (mittlerweile) klassischen Online-Forschung, die lediglich die neuen Möglichkeiten des Internets als (Übertragungs-) Medium nutzt, in das die bereits entwickelten Methoden der empirischen Forschung übertragen werden. In der Praxis nähern sich beide Konzepte oft einander an: Netnographie nutzt Monitoring-Software zum Auffinden des geeigneten Zugangs, Monitoring-Anbieter begnügen sich nicht mit rein quantitativen Resultaten.

Zwar waren einige angekündigte Beiträge kurzfristig ausgefallen (darunter zu Online Fashion-Communities), doch tat dies der Diskussionsfreude und der thematischen Bandbreite keinen Abbruch. Der Eingangsvortrag von Klaus Janowitz (s.u.) zeichnete den thematischen Rahmen des Netnocamp, Grundlagen und Methoden von Netnographie vor. Im Anschluß daran berichtete Steffen Hück (Hyve AG, München) aus der Forschungspraxis zur Produktentwicklung. Die folgende Diskussion rankte sich v.a. um das Verhältnis von qualitativer und quantitativer Analyse. Dabei nimmt Netnographie die qualitative, Web-Monitoring die quantitative Rolle ein. Steffen fasste Netnographie als Methode und Prozess – Web-Monitoring als Werkzeug und Technologie zusammen.

Zuschaltung aus Toronto: Robert Kozinets – “the Godfather of Netnography” – Stefanie Assmann (social-media-monitoring.blogspot)

In der live-zugeschalteten Keynote ging Rob Kozinets auf den aktuellen Stand von Netnographie ein, und beantwortete im Anschluß Fragen von Teilnehmern dazu. Stefanie Assmann, Absolventin der Informationswissenschaften aus Darmstadt stellte eine Vergleichsstudie verschiedener Social Media Monitoring Tools vor, mit einigen überraschenden Ergebnissen. Ihre Arbeit ist bei Scribd gegen Anmeldung erhältlich. Thilo Trump (Result, Köln) präsentierte eine Studie zu Twitter, dabei werden Nutzer entsprechend ihres Verhaltens und ihrer Ambition in neun Kategorien zusammengefasst, die sehr gut beschrieben werden – die komplette Studie ist bei Result als pay with a tweet erhältlich. Im Vortrag von Frank Sanders ging es um Reputationsanalysen aus der Kommunikation im Social Web – eine Anwendung für die PR. Eine Aufzeichnung ist bei vimeo zu sehen.

Veranstaltet wurde das Netnocamp von Wolfgang Drews (Wirtschaftsinformatiker, Universität Trier), Steffen Hück (Hyve AG, München) und Klaus Janowitz (Soziologe, Köln). Von der Idee bis zum Termin des Netnocamp vergingen nur drei Monate. Das zeigt zum einen eine sehr gute Zusammenarbeit der Organisatoren – zum anderen ein grosses Interesse, das der Idee Netnocamp von Beginn an entgegenkam. Die Internetwoche Köln bot den passenden Rahmen, die IHK Köln etwas ungewohnte, aber sehr schöne Räumlichkeiten. Bei allen Beteiligten möchten wir uns nochmals herzlich für Unterstützung und Interesse bedanken. Netnographie und Web-Monitoring sind Forschungsfelder in Bewegung mit einem großen Potential. Eine Weiterführung der Diskussionen und der Ideen ist wünschenswert. Eine Fortsetzung des Netnocamp im nächsten Jahr ist gut vorstellbar. Der Rahmen der Internetwoche Köln wäre wiederum die erste Wahl.

Weitere Berichte zum Netnocamp finden sich bei marktforschung.de von Holger Geissler, bei Planung & Analyse von Steffen Hück, sowie in den Blogs von Stefanie Assmann und von Tim Krischak.

Der Eingangsvortrag zeichnete die thematische Bandbreite des Netnocamp, die Grundlagen und Methoden von Netnographie vor.

Netnocamp englishsame presentation in English

Steffen Hück (Hyve AG, München) berichtete u.a. aus dem praktischen Einsatz von Netnographie bei der Produktentwicklung

Bilder: eigene, Bild in der Kopfzeile: photocase.com
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