Social – Local – Mobile: Get Gauss

Social – Local – Mobile lautet der seit einigen Monaten verkündete Trend, der sich im Zusammenwachsen von mobilem Internet, lokalen Services und Sozialen Netzwerken zeigt. Soziale Netzwerke kennen wir bislang als Abbildung und Bestätigung bestehender Verbindungen oder als themenzentrierte Plattformen. Inwieweit sie offline zurückwirken ist der weiteren Initiative der Beteiligten überlassen. Location Based Services wie Foursquare wurden mit dem mobilen Netz und GPS populär. Damit kann man an seinem jeweiligen Aufenthaltsort einchecken, erfahren, wo sich Freunde aufhalten, Kommentare und Bewertungen zu Cafés, Läden oder anderen beliebigen Orten abgeben. Nützlich als Empfehlungsplattform, als Wegweiser und spontane Möglichkeit zur Verabredung.

Co-Entwickler Vidar Andersen

Was passiert, wenn man Social – Local – Mobile soweit wahr macht und die Möglichkeiten der persönlichen Kontaktaufnahme in der direkten Umgebung nutzt? Gauss wurde von einem Team aus Rotterdam, Paris und Köln entwickelt und es gelang auf dem StartUp Wettbewerb Le Web (12/2011 in Paris) ein Platz in der Spitzengruppe. Gauss bezeichnet sich als People Magnet, als ein Werkzeug, das face-to-face Begegnungen mit relevanten Menschen erleichtert. Die App wurde zunächst für iOS entwickelt (ab Frühjahr erhältlich), eine Version für Android folgt. Gauss dockt an die APIs von Facebook, Twitter und Foursquare an, LinkedIn wird folgen – und nutzt auch nur die Informationen, die Nutzer dort öffentlich gemacht haben. Social Discovery Services reüssierten zunächst als Dating Plattformen – Gauss grenzt sich davon scharf ab und betreibt eine Strategie puritanisch wie Disney (so Entwickler Vidar Andersen). Der Magnet, das Logo von Gauss, verweist auf ein Kernfeature: Übereinstimmung von Interessen magnetisiert, die Stärke ist einstellbar und verweist auf gemeinsame Interessen. Nähere Einzelheiten zu den Funktionen sind in der eingebetteten Präsentation von V. Andersen (Slideshare) unten zu erkennen.

Persönliche Kontaktaufnahme zählt zu den sozial sensiblen Feldern: der erste Eindruck zählt, niemand will von Marketingbotschaften überrannt oder gar von unerwünschten Kontakten belästigt werden. Gegenseitige Wertschätzung ist Voraussetzung und man verlässt sich auf das Bauchgefühl. Nicht wenige wird der Gedanke an eine weitere technische Ebene bei der Anbahnung und Gestaltung sozialer Beziehungen eher abschrecken. Aber jede neue Technik, jedes neue Medium bedarf der kulturellen Adaption um sich zu verbreiten. Formen der Kontaktaufnahme unterliegen dem kulturellen Wandel. Mit dem Smartphone ist das Internet vom Schreibtisch in die Hände gewandert und wird mehr und mehr zur Alltagskommunikation verwendet – online verknüpft sich mit offline. Gauss ist ein Werkzeug, neue Möglichkeiten zu managen.

Soziologen ist der Begriff Soziales Kapital aus den Arbeiten von Pierre Bourdieu* vertraut. Erinnern wir uns: Bourdieu verwendete neben dem dominierenden ökonomischen Kapital die Begriffe des kulturellen und sozialen Kapitals. Kulturelles Kapital besteht in kulturellen Kompetenzen und dem dazugehörenden Wissen, soziales Kapital in den potentiellen Ressourcen im Netz der sozialen Beziehungen. Die Entwickler von Gauss orientieren sich an dem Konzept von Robert Putman, soziales Kapital bedeutet  die Bereitschaft miteinander zu kooperieren und basiert auf Vertrauen.

The Gauss Deck by Vidar Andersen on Jan 30, 2012
* Pierre Bourdieu: La distinction. Critique social du jugement. 1979 – dt: Die feinen Unterschiede. 1982.

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