Glamour Labor und Prekarität

Das schönste Gewerbe der Welt – gemeint ist die Mode –  Hinter den Kulissen der Modeindustrie von Giulia Mensitieri erschien jetzt auf Deutsch. Die englische Ausgabe war bereits im August  2020 erschienen, das französische Original »Le plus beau métier du monde« im Januar 2018.  Aus Trainingsgründen habe ich mich für das letztere entschieden: Englisch ist omnipräsent, und verdrängt oft  andere Sprachkenntnisse, die  Gefahr laufen zu verkümmern .
Mode zählt zu den ganz grossen Wirtschaftszweigen, incl. aller verbundenen Sektoren entfallen 6 % des globalen Konsums (S. 15) auf sie. Textil- und Bekleidungsindustrie sind Stufen der Produktion, sie  liefern die materiellen Konsumgüter als Endprodukte. Modebranche im engeren Sinne zählt zu den Creative Industries: Mode ist ein kulturelles System, in dem Kleidung + entsprechenden Accessoires eine Bedeutung zugemessen wird. Naheliegend wird Mode v.a. visuell kommuniziert. Gut aussehen muss es auf den Bildschirmen. Marken investieren in ihre Präsenz, ihre Sichtbarkeit. Ganze Branchen inszenieren und verbreiten diese Sichtbarkeit – und werden mit diesen Bildern der Mode zu den Intermediären zwischen Produktion und Konsum (vgl. 36 ff), eine Form von Glamour Labor.

Die Creative Economy ist systematisch auf die Produktion neuer kultureller Güter ausgerichtet (s. Reckwitz 2017, 143). Kulturelle und singuläre Güter zirkulieren in der spätmodernen Ökonomie und prägen die Lebensstile (vgl. eda.). Prinzip von Mode ist es, immer wieder neue, immer andere singuläre Produkte – Einzigartigkeitsgüter – auf den Markt zu bringen. Diese Güter werden mit narrativen, ästhetischen, ethischen, gestalterischen und ludischen Qualitäten aufgeladen, Reckwitz nennt es Valorisierung – Begriff und Konzept lassen sich auf die von Mensetieri beschriebene Modebranche passend übertragen.  In der Luxusmode spielt zudem die statusrepräsentative Qualität, die simple Aussage, es sich leisten zu können, eine grosse Rolle.

Glamour Labor im Luxussegment. Bildquelle: Michael Lee: Unsplash.com

Le plus beau métier du monde ist eine ethnographische Studie aus einem besonderen  Ausschnitt der Modeindustrie: dem Luxussegment und seinen Arbeitsbedingungen. Die Autorin stützt sich auf Interviews mit Beschäftigten, zum Teil auch teilnehmende Beobachtung, auch setzt sie sich  selber einer prekären Beschäftigung aus. Es sind einzelne Geschichten, die sich in ihren Erfahrungen überschneiden und deutliche Muster zeigen.  Es ist nicht die Kaste der Aushilfs-, Neben- und Gelegenheitsbeschäftigten, es sind die Menschen, die  als Designerinnen, Stylisten, Models, Friseure, Verkäufer, Journalistinnen, Handelsvertreter etc., die Branche am laufen halten. Auf der einen Seite haben sie Zugang zu Privilegien, wie  Flüge erster Klasse, Luxuskleidung, renommierten Hotels etc.,  sehen sich jedoch mit einer Form der Prekarität konfrontiert, die aus den Unwägbarkeiten der Zahlungsmethoden und – fristen, zufälligen Anfragen von Sponsoren und den Lebenshaltungskosten in teuren Städten hervorgehen. Oft sind sie  gezwungen, in kleinen Wohnung zusammenzuleben und sich immer wieder über ihr berufliches Schicksal zu befragen. Gezahlt wird zudem oft mit Warengutscheinen.
Symptomatisch sind die Diskrepanz zwischen glamourösem Prestige und Prekarität, niedrige Einkommen, eine Elastizität der Arbeitszeiten, die Tendenz zur Selbstausbeutung, oft eine Abhängigkeit von Agenturen. Trotz ihres Status als Selbständige sind Modearbeiter/innen nicht nur gezwungen, den Entscheidungen ihrer Agenturen zu folgen, sondern sie dürfen selbst dann, wenn sie ihre Missbilligung zum Ausdruck bringen wollen, niemanden damit verärgern, ohne ihr Einkommen zu gefährden (241).  Networking, soziales Kapital (137),  informelle Elemente bestimmen die Beschäftigungsverhältnisse. Entlohnung findet gleichsam in  sozialem bzw. symbolischem Kapital statt, in Sichtbarkeit.

Système producteur de rêve (System Traumproduktion) lässt an die grosse Traumfabrik Hollywood, bzw. Filmbranche insgesamt denken. Es gibt einige Gemeinsamkeiten, etwa das Starsystem, Ansehen, Medienpräsenz und Schönheitsideale, Glamour, und einen verbreiteten Wunsch bzw Begehren, daran teilzuhaben.
Der Aufstieg zu einer emblematischen Wirtschaftsbranche vollzog sich spätestens in den 80er Jahren, dem Jahrzehnt der Yuppies und ihrer Obsession mit Marken. Aus der Popkultur wurde das ursprünglich  subkulturelle Konzept Coolness übernommen, ersetzte bzw. ergänzte traditionellere Vorstellungen von Schönheit: ehemals subkulturelle Werte wurden wirtschaftlich vereinnahmt. Coolness ist eine kulturelle Qualität, die Zuschreibung eines symbolischen Wertes, ein Persönlichkeitstypus, der performed werden muss. Mensitieri hebt eine tyrannie du cool hervor: Das ökonomische Überleben der einzelnen hängt davon ab, wie cool man ihn/sie findet.

Glamour Labor ist eine spezifische Form von  Arbeit – die Herstellung von Wahrnehmbarkeit und Sichtbarkeit, es ist „immaterielle Arbeit“,  die die informativen und kulturellen Aspekte eines Produkts erfordern; anderswo wird sie so beschrieben: Glamour labor is both the body work to manage appearance in person and the online image work to create and maintain one’s “cool” quotient—how hooked up, tuned in, and “in the know” one is. (vgl. Wissinger, s.u.):  Nebenbei: Es gibt wohl kaum einen verfügbaren kulturellen Code, egal, ob ethnischen oder subkulturellen Ursprungs, der nicht in der Mode verwertet wurde – kulturelle und wirtschaftliche Aneignung, die das derzeit diskutierte Blackfacing bei weitem übersteigt.
Eine Soziologie der Mode ist das Buch nicht. Die Darstellung der Lebenswelt Modebranche ist aber soweit in die  zeitgeschichtliche Entwicklung, speziell den postfordistischen Kontext,  eingebunden, dass die Linien nachvollzogen werden können. Den Bezug zur Auslagerung der Produktion (in sog. Billiglohnländer) kann man vermissen, auch teure Marken (nicht alle) lassen unter denselben prekären Bedingungen produzieren.
Die ethnographischen Studien der Autorin liegen bereits einige Jahre zurück, sind aber sehr wahrscheinlich immer noch aktuell. Mehr oder weniger ähnliche Lagen gibt es auch in anderen Creative Industries. Trotzdem kann man einige Tendenzen vermuten: Die grosse Zeit der Marken schwächt sich ab, schnelllebige Mode – fast fashion – steht zunehmend in der Kritik, ethische Valorisierung tritt zumindest häufiger hervor.

jetzt auch auf deutsch

Giulia Mensitieri: Das schönste Gewerbe der Welt. Hinter den Kulissen der Modeindustrie (dt.4/2021); Orig: Le plus beau métier du monde. Dans les coulisses de l’industrie de la mode (2018). Dt 4/2021: Das schönste Gewerbe der Welt. Hinter den Kulissen der Modeindustrie. Matthes & Seitz
Interview mit Maja Beckers »Es ist ein Geheimnis, das alle teilen und über das niemand spricht« – Spiegel +, 29.04. 2021. Vgl. auch : Andreas Reckwitz: Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne. Berlin, 10/2017, 480 S.; Wissinger, Elizabeth. (2015)#NoFilter: Models, Glamour Labor, and the Age of the Blink. In J. Davis & Nathan Jurgenson (eds.) Theorizing the Web 2014 [Special Issue]. 



Dresscode und Männermode in digitalen Zeiten

Männer im Anzug. Bild: unsplash.com. Brett Jordan

200 Jahre lang kleidete Brooks Brothers in New York Banker und Politiker in Nadelstreifen. Corona und die Schliessung von  Geschäften hielt der Herrenausstatter nicht durch und meldete Insolvenz an. Es war aber nur der Auslöser – Standards des Dresscode spielen eine immer geringere Rolle, selbst in Hauptversammlungen wird casual getragen*. Die klassische standardisierte Bürokleidung verschwindet mehr und mehr aus der Öffentlichkeit.

Formelle Kleidung bedeutet nicht gleich Stil und Eleganz – der Anzug von der Stange galt nie als Ausdruck davon. Es geht darum, Regeln einzuhalten, professionelle Distanz hervorzuheben, manchmal auch Respekt einzufordern – der Mann im Anzug wird gesiezt. Lange Zeit und in vielen Branchen verbindlich, setzte sich der Anzug des Angestellten vom Blaumann des Arbeiters ab und verwuchs mit dem Habitus. Sicher spielt der Dresscode weiterhin eine Rolle, im Kundenkontakt der Rechts- und Finanzbranche, in der Politik. Manche Politiker greifen auf bestimmte Stile zurück, um Professionalität und Kompetenz zu inszenieren. In der Breite sind oft abgestufte Formen erkennbar. Der sichtbare Konsens bei Verwaltungen, Banken, Versicherungen unterscheidet sich kaum von dem ihrer Kunden.

Dresscode Normcore – Bild: unsplash.com. Annie Spratt

Die neuen dominierenden Branchen kannten nie den klassischen Dresscode, waren oft von einer Nerdkultur bestimmt. Mal heisst es, that the more time you spend dressing yourself every morning, the less time you spend changing the world, (so Marc Zuckerberg, wird auch Barrack Obama zugesprochen). Mag sein ….  Macht und Status verschwinden nicht mit der Krawatte. Schwarzer Rollpulli und blaue T- Shirts sind Beispiele von Normcore, dem Style der Unauffäligkeit, der Wirtschaftsführer so aussehen lässt, wie Leute aus dem Coworking Space. Bestimmt nicht unabsichtlich gestalten  CEOs  der grössten Tech- bzw. Social Media Unternehmen, wie Tim Cook oder Marc Zuckerberg, so ihren Auftritt.  Normcore ist nicht ironisch inszeniert, wie viele Hipster- Moden. Es soll bodenständig wirken, Zugehörigkeit ausdrücken, anstelle von Distinktion. Von einer bestimmten Präsenz in der Öffentlichkeit an, kann man davon ausgehen, dass Normcore o.ä. Teil der PR ist.

Farben helfen aufzufallen

Mode ist eine Kultur der öffentlichen Darstellung, die Bedeutungen und Narrative, gewollte und ungewollte, mit sich trägt. Im besten Falle bella figura. Der Fundus von Männermode ist viel enger gefasst als der von Frauen. Neben den auf Korrektheit getrimmten klassischen Formaten, beruht er, wenn nicht auf Freizeitkleidung, auf den Stilen der Pop- und Subkulturen der vergangenen Jahrzehnte und v.a. den Anleihen aus der Sportswear: Sneaker, Baseball- Cap, Hoodie etc. stammen von dort. Was vom Standard abweicht, wird oft als persönliches Markenzeichen wahrgenommen – oder gleich als solches inszeniert.
Frauen- und Männermode unterscheiden sich v.a.  in der Aufmerksamkeit, die ihnen entgegen gebracht wird. Kaum eine Frau, die nicht bedenkt, welche Wirkung, welche Reaktionen sie mit ihrer Kleidung hervorruft und wie sie sich selber darin fühlt. Kleiderwahl und ihre Abstimmung ist Teil des Alltagsmanagements. Männermode ist dem weniger ausgesetzt, oft ist Kleidung blosses Angezogensein, das keiner Überlegung folgt. Gerade Deutschland gilt als Land der Funktionskleidung: funktional, bequem, praktisch – eine Haltung, die kulturelle Dimensionen kleinhält, ein oft unbewusster Konformismus.
Fast alles, was einmal Rebellion und Provokation in Sub- und Gegenkulturen ausdrückte, ist heute Teil eines stilistischen Fundus  von Identitätsangeboten. Wohl fast alle verfügbaren kulturellen Codes, seien  es ehemals subkulturelle, seien es ethnische, wurden irgendwann von der Modeindustrie verwertet.  Statusrepräsentation verliert an Bedeutung, die  Darstellung von Identität und gefühlter Zugehörigkeit rückt in den Vordergrund.
Aktuell schränkt Corona und die Massnahmen dagegen Öffentlichkeit ein – mit Auswirkungen auf Handel, Konsum und den Rahmen von Selbstdarstellung. Ein Resilienztest.

Hemden als Bildfläche – der Genome Code

Nachhaltigkeit entspricht den Wertvorstellungen der neuen Mittelschichten. Die Modeindustrie steht ebenso wie Ernährungswirtschaft, oder Tourismus immer wieder in der Kritik.   Faire Mode setzt sich ab von der fastfashion, der Wegwerfmode. Sie steht ungefähr da, wo Bio- Lebensmittel vor 15, 20 Jahren standen: von einem Nischenmarkt zu einem Durchbruch in breitere Käuferschichten. Lange Zeit galt sie als Solidaritätsstil, mehr politisch korrekt als modisch. Mittlerweile sind eine ganze Reihe von Labels herangewachsen, die ebenso für einen bestimmte Stil, für bestimmte, oft innovative Materialien stehen.  Nachhaltig in den Materialien, minimalistisch im Stil.
Die Sueddeutsche feierte kürzlich das schwedische Label Asket als ebenso zeitlos wie nachhaltig. Sehr skandinavisch mit minimalistischen Basics. Hemden, Schals, Jeans, die eben nur nach Hemden, Schals und Jeans aussehen. Sicher ein  gelungenes, wohlüberlegtes Marketing, das für einen Trend – Full Transparency – der Produktions- und Lieferketten steht. Ein Prinzip, das sich auch bei nicht bei zertifizierten Labels findet. Zertifizierungen sind zudem mit Kosten verbunden, die viele kleinere Labels vermeiden.

New Heritage: Barbershop

Eine eigene Szene mit einer eigenen ökonomischen Infrastruktur incl. Zeitschriften und Verkaufsmessen ist etwa New Heritage. Nach eigener Beschreibung eine Bewegung, eine Hommage an Qualität, Handgemachtes und Zeitloses. Nicht nur Bekleidung und die Frisuren dazu, sondern ein ganzes Spektrum von Genusskultur zählt dazu: Design, Getränke wie Gin. Das Erscheinungsbild ist v.a. Vintage, viel Tweed und Cord, klassische Lederjacken, oft  passend zu Oldtimern und klassischen Motorrädern.  Einzelne Elemente dringen immer wieder in den breiteren Markt, insgesamt sind es eher kostspielige Styles – mit einer entsprechenden Klientel, ein Tribe Besserverdienender, die sich Jugendträume erfüllen.
Was sowohl für faire Mode, wie für  New Heritage gilt ist ein vergleichsweise enger Zusammenhalt von Marke, Produktion, Handel und Kundschaft über gemeinsam geteilte Werte und Lebensstile –  singulärer Konsum anstelle von Massenware. Das Thema Mode im Spannungsfeld von Kultur, Ästhetik, Identitäten, Wirtschaft und gesellschaftlichen Infrastrukturen bleibt spannend.

ein paar Empfehlungen: Monsieur Courbet, Köln: alltagstaugliche Männermode in bestens kuratierter Auswahl;  Fairfitters, Köln – faire Mode; Hemden: Blake Mill, Hemden als Bildfläche;  ADDeertz, Berlin, gleich um die Ecke vom St. Oberholz – wunderbare Stoffe –  slim fit; Wolf Blitz (Rotterdam), bunt bedruckt, mehr als Hawaii 

 

 



Faire Mode

Faire Mode im Laden: Fairfitters

“Öko ist teuer! Fairtrade nur in Eine Welt Läden zu finden! Organic klingt nach heiler Welt …. An einem Tag im Sommer zeigten wir, dass öko, fair und organic auch richtig gut aussehen kann.” Ein Zitat aus Social Media, eingefangen im Frühjahr 2011 bei einer Studie zu Fairtrade. Faire Mode stand lange in dem Ruf, teuer und wenig modisch zu sein: bedruckte T-Shirts, Wollmützen, Pullis, möglichst wenig bearbeitete Naturfasern, ein Solidaritätsstil, mehr politisch korrekt als kleidsam. Das war.
Seit einigen Jahren hat sich eine Szene von Labels herausgebildet, die Nachhaltigkeit und urbanen Stil miteinander verbindet, mittlerweile auch in ziemlich unterschiedlichen Stilrichtungen.

Gibt es bei Lebensmitteln ein Ideal lokaler Produktion und Vermarktung, bis hin zur Direktvermarktung Erzeuger zum Kunden, ist die Produktions- und Vermarktungskette in der Textilwirtschaft länger: landwirtschaftlicher Anbau bzw. Erzeugung der Rohstoffe, die Verarbeitungsschritte bis zur Herstellung der Stoffe, dann erst das, was aus Textil Kleidung macht: Entwurf von Kollektionen und die eigentliche Produktion – zumeist in sog. Niedriglohnländern. Die grösste Wertschöpfung entsteht aber erst in der letzten Stufe – wenn aus Kleidung Mode bzw. Stil wird.
Zertifikate dienen der Einhaltung sozialer und ökologischer Standards in der gesamten Lieferkette. Es gibt eine ganze Reihe von Zertifizierungen, manche beziehen sich auf jeweils ein Kriterium (fairtrade bzw. bio). Die weiteste Verbreitung hat der Global Organic Textile Standard (GOTS), der beide Kriterien miteinander verbindet. Siegel/Zertifikate garantieren dem Kunden die Einhaltung von Standards in der gesamten Produktionskette.

Baumwolle ist der wichtigste Rohstoff; Bild: *sternchen* / photocase.de

Baumwolle ist der bedeutendste Textilrohstoff. Bei keinem anderen landwirtschaftlichen Produkt ist der Pestizideinsatz höher, Gentechnik so verbreitet. Bio-Baumwolle macht nur einen sehr geringen Teil, ca. 2% der gesamten Produktion aus, die Nachfrage ist größer als das Angebot. Hauptlieferant ist Indien, dazu einige afrikanische und zentralasiatische Länder.
Auch Konzerne wie H&M und C&A bieten mittlerweile Produktlinien aus Bio-Baumwolle.  Mit den Preisen solcher Großanbieter können nachhaltige Labels nicht mithalten, aber durchaus mit denen der Marken, die ein etwa ähnliches Klientel bedienen. V.a. faire Mode für Männer orientiert sich an Streetstyle, Clubwear.

Vegane Mode ist ein eigenes Feld, das sich wohl oft mit fairer Mode überschneidet, so etwa das Label bleed clothing. Veganer lehnen nicht nur Pelz und Leder, sondern auch Wolle als Nutzung tierischer Produkte ab. Ein oft vorgebrachtes Argument gegen die Nutzung ist das Mulesing, was aber nicht gegen das Material Wolle an sich spricht, sondern eine Praxis, die bei fairer Mode ausgeschlossen ist.  Vegane Nachfrage treibt die Entwicklung innovativer Materialien an: aus Bambus, Kork, Recyclingmaterialien oder z. B. Piñatex, ein aus Ananasblättern hergestelltes Material mit ähnlichen Eigenschaften wie Leder.

vorwiegend Streetstyle

Faire Mode/Ecofashion rettet nicht gleich die Welt – aber sie verbessert die Lebensqualität von Menschen, ganz konkret von Kleinbauern und Textilarbeiterinnen. Die Katastrophe in Bangla Desh (2013) mit über 1000 Toten brachte Zustände in der Textilproduktion in das allgemeine Bewußtsein. Kosten für Produktion (niedrig) und Marketing (hoch) klaffen in der Modeindustrie oft weit auseinander. Man bedenke etwa, welche Summen Marken in Imagekampagnen  investieren. Faire Mode sieht sich hier als ein Gegenmodell des bewußten Konsums: „Buy good, buy less“.
Mode ist ein kulturelles Produkt. Qualität von Material und Verarbeitung sind wichtig, Mode lebt aber von der Inszenierung, von den mit ihr verbundenen Geschichten – einer narrativen Aufladung – Herkunft und Verarbeitung sind ein Teil davon, popkulturelle Bezüge ein anderer.  Generell ist Mode eines der großen Themen in Social Media, naheliegend bes. in den visuellen Formaten – Blogger/innen sind in den Werbeablauf einbezogen. Ecofashion ist daneben ein eigenständiges Feld mit einer spannenden Gründerszene, Plattformen und Blogs und der umfangreichen Kommunikation  einer engagierten Kundschaft – sehr geeignetes Feld einer Netnographie.

dem Text liegt u.a. ein Gespräch mit Philipp, Inhaber von Fairfitters im Kölner Belgischen Viertel zu Grunde.



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