18/08/15 kmjan
Kürzlich fand in Köln die Gamescom statt – eine Messe der Superlative, was Wachstum, belegte Fläche und Besucherandrang betrifft. Ich hatte Gelegenheit an einem von Games Experte Ibo Mazari geführten Rundgang teilzunehmen. Über die Gamescom ist viel geschrieben worden¹, zu ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und Bedeutung, zum Wachstum und zur Akzeptanz der Branche. Bleibt die Frage “Welche Rolle spielen die Games in der digitalen Gesellschaft?” Nach zwei Messetagen (incl. dem zugehörigen Kongress) eine Gelegenheit Eindrücke zusammenzutragen.

Manches erinnert an die PopKomm, die bis zur Abwerbung nach Berlin (2003) in denselben Hallen stattfand: Lautstärke, ein immenser Publikumsandrang, das Erscheinungsbild auch der Fachbesucher, v.a. aber zeigt sich eine in der Popularkultur gewachsene Branche mit Fans als Kunden als Wirtschaftsfaktor und wird als Wachstumsbranche gefeiert. Man hat den Eindruck, daß digitale Spiele die Popmusik als Leitmedium von Jugendkulturen abgelöst haben.
Spielen ist ein menschliches Grundverhalten, Spiele nach Regeln haben eine lange Kulturtradition. Digitale Spiele (man kann sie auch nüchtern “Interaktive Unterhaltungssoftware” nennen) nutzen die Möglichkeiten zeitgenössischer Technologie. Es begann mit minimalistischen, speicherschonenden Adaptionen von Ping Pong (Pong, 1972) und hat sich bis zu hochkomplexen Werken mit langen Erzählsträngen, einer oft an Filmarchitektur erinnernden Graphik, Soundeffekten und v.m. entwickelt. Technische, gestalterische und vernetzende Möglichkeiten werden ausgereizt. Das macht digitale Spiele zu Innovationstreibern in mehrerer Hinsicht.

Digitale Spiele haben sich zu einer eigenständigen Medienbranche entwickelt, mitebenso vielen Möglichkeiten und ebenso unterschiedlichen Genres wie etwa die Film- und TV- Produktion. Das umfasst simple Ballerspiele, komplexe Simulationen, wettbewerbsorientierten E-Sport und Serious Games, “ernsthafte Spiele”, die oft zu Trainings- und Lernzwecken eingesetzt werden. Wie in anderen Branchen gibt es Majors und eine Indie– Szene, die auch Methoden wie Crowdsourcing nutzt. Digitale Spiele gehören zur modernen Unterhaltungskultur wie Bundesligafußball, TV-Serien, Kirmesattraktionen und Pop-Festivals. Ihre Besonderheit sind die vielfältigen Möglichkeiten der Interaktion und Kommunikation, die Verbindung mehrerer Ebenen im Crossmedia Storytelling und v.a. das Eintauchen in eine oft nach Fantasy-Vorlagen gestaltete Welt – man kann dies als teilnehmende Fiktionalität bezeichnen. Das Eintauchen ins Fiktionale wird z.B. im Cosplay, der oft originalgetreuen Verwirklichung virtueller Figuren, nach außen getragen.
Digitale Spiele orientieren sich in ihrem Aufbau an einem möglichst barrierefreien, flüssigen Handlungsablauf. Spiel und Spieler sollen in den Flow, dem mentalen Aufgehen im ausgeführten Handeln, geraten. Auch diese Effekte sind es, die Games für Unternehmen interessant machen, darum geht es in Gamification, dem Einsatz spielerischer Mittel in einer spielfremden Umgebung.
¹: so in einem sehr aufschlußreichen Interview zur Entwicklung der Games Industrie: http://bit.ly/1My6j6w
Ich sollte mal wieder Pong spielen. Hab das sogar mal selbst programmiert für den C64. Es gibt kaum ein besseres Spiel.