P.O.S.E. – einfach erklärt

Schon einige male hatte ich hier das Modell P.O.S.E. – Paid, Owned, Shared, Earned Media vorgestellt. Als die drei Kreise wurde es 2008 von Nokia zur Mediaplanung “erfunden”. In der vierkreisigen Form wurde es mir in dem – französischsprachigen – Blog von Frédéric Cavazza bekannt, anderswo auch unter anderen Bezeichnungen. Modelle dienen dazu, komplexere Sachverhalte zu verdeutlichen, einprägsam auf den Punkt zu bringen.
Der digitale Wandel bringt immer wieder neue Medienkanäle hervor. Jeder davon hat seine eigenen Möglichkeiten. Nachrichten und Meinungen können sich rasch verbreiten – wenn sie denn die Nutzer interessieren. Social Media werden zur Marken- und Kundenkommunikation genutzt, sie sind aber genauso wenig in erster Linie Marketingwerkzeuge, wie die klassischen Medien. Es ergibt sich eine Vielzahl neuer Berührungspunkte bzw. Touchpoints zu Kunden und Interessenten. Für die Akteure – ob Freiberufler, Mittelständler oder Weltmarke, kommt es darauf an, ein konsistentes Bild, eine Reputation zu entwickeln.

POSE
POSE: Paid, Owned, Shared, Earned Media (nach Klick wird die Graphik in einem neuen Fenster in voller Größe angezeigt)

Paid Media ist die gekaufte Reichweite und entspricht am ehesten der traditionellen Werbung. Dazu zählen Bannerwerbung, AdWords, Affiliate Marketing etc. – all das, was gegen Bezahlung auf Kanälen anderer Medienbetreiber verbreitet wird.
Paid Media schieben eine Kampagne an, sie schlagen die Trommel der Aufmerksamkeit und werden nach Reichweite und Dauer bezahlt. Ein Nachteil ist, daß Paid Media von Nutzern wenig akzeptiert, oft auch durch Werbeblocker deaktiviert werden. Sie werden aber auch von Nutzern wahrgenommen, die mit dem Thema oder der Marke wenig zu tun haben.

Owned Media sind die eigenen Kanäle, über die man selber verfügen kann, nur eingeschränkt durch den gesetzlichen Rahmen und unabhängig von sich ändernden AGB. Das ist der eigene Webauftritt ganz unterschiedlicher Größe, evtl. mit Webshop und Corporate Blog. Auch eine Community kann auf Owned Media betrieben werden, entscheidend ist: Der Nutzer kommt zum Betreiber. Die Reichweite kann durch Suchmaschinenoptimierung (SEO) und eine gute Verlinkung verbessert werden, bleibt aber abhängig von der Attraktivität des eigenen Auftritts.
Mit der eigenen Präsenz wird man als eigenständiger Akteur im Netz wahrgenommen, ist mit einem Impressum öffentlich sichtbar und kann darüber kontaktiert werden.
Auch Social Media Kanäle, wie Facebook-, Twitter- oder YouTube-Profile wurden öfters Owned Media zugeordnet. Sie unterliegen aber anderen Bedingungen und werden auf ganz anderem Wege verbreitet.

Shared Media werden auf Social Media Plattformen verbreitet, für die Inhalte (den Content) ist man selber verantwortlich. Das meiste davon über Facebook und youtube, evtl.Twitter, auch Instagram für Fotos. Weitere Formate sind etwa Pinterest oder Mikrovideos auf Vine. Jedes Format hat seine eigenen Charakteristika und Möglichkeiten. Die Reichweite ist zum einen von der Plattform, aber eben auch von der Attraktivität des Inhalts bestimmt.
Gelegentlich wird auch von Social oder Curated Media gesprochen, v.a. letztere unterscheiden sich von Shared Media.

Earned Media ist schließlich die Reichweite, die man sich verdient hat. Man hat keinen direkten Einfluß darauf, sie können sich auf ganz unterschiedlichen Kanälen verbreiten. Es ist die Verbreitung über Dritte, darin eingeschlossen ist redaktionelles Feedback, das Word of Mouth virale Effekte, aber auch ein eventueller Shitstorm.
Sie genießen das höchste Vertrauen, die Akzeptanz ist hoch, können aber auch negativ sein. Earned Media können mit aktuellen Analyse-Tools gemessen werden, sie sind zu einem wesentlichen Teil das, was Social Media Monitoring beobachtet.
Nur wirklich guter Inhalt erzeugt Aufmerksamkeit und verdient damit Reichweite. Earned Media sind schließlich dauerhaft: sie tauchen langfristig in Suchergebnissen auf.

P.O.S.E. – Paid, Owned Shared, Earned Media gibt einen guten Überblick über den Medieneinsatz und kann ganz unterschiedliche Medieneinsätze veranschaulichen. Sicherlich überschneiden sich die einzelnen Medientypen in vielen Fällen: Kommentare in Social Media stehen zwischen Shared und Earned Media, Promoted Posts und Sponsored Tweets zwischen Paid und Shared Media (vgl. die Infographik).

Letztlich kostet die Erstellung aller Inhalte Geld, entscheidend für die Zuordnung ist aber die Verbreitung: Paid Media gegen Bezahlung auf anderen Kanälen, Owned Media auf den eigenen, Shared Media auf öffentlich zugänglichen Plattformen, Earned Media von Dritten auf den von ihnen gewählten Kanälen.
Die Inhalte begegnen dem Nutzer an ganz unterschiedlichen Orten. Für die Akteure im Social Web kommt es darauf an, an allen Berührungspunkten ein konsistentes Bild zu vermitteln.

Gemeinschaft und Gesellschaft im digitalen Wandel

Die Verbreitung digitaler Medien und Technologien hat einen kaum zu überschätzenden Einfluß auf Wirtschaft, Arbeit und Gesellschaft – auch dann, wenn man sie selber nicht nutzt. In der Diskussion um die digitale Gesellschaft geht es um die Verbreitung von Nutzung und Kenntnissen, um Datensicherheit und Schutz der Privatsphäre, die Digitalisierung der Arbeitswelt, um SocialMedia und Vernetzung. Es gibt wirtschaftliche, soziale, kulturelle, politische und juristische  Dimensionen.
Ganz entscheidend ist die Möglichkeit, dass alle Teilnehmer direkt miteinander in Verbindung treten können – ohne übergeordnete Instanzen. Das bedeutet neue Möglichkeiten von peer to peer Verbindungen – und darauf bauen zahlreiche Dienste – von der Dating App zu Crowdsourcing und Crowdfounding. Die unkomplizierte Verbindung geeigneter Partner und Teams, die Verbindung zum passenden Produkt und zur passenden Dienstleistung anhand bestimmter Kriterien, das Matching, ist auch eines der großen Versprechen des digitalen Wandels.

Digitaler Wandel
peer to peer Vernetzung im digitalen Wandel; kallejipp / photocase.de

In der Soziologie kennt man das auf Ferdinand Tönnies (1855 – 1936) zurückgehende Begriffspaar Gemeinschaft und Gesellschaft. Gesellschaft ist dabei die Sphäre des -mehr oder weniger – rationalen, zweckorientierten Handelns, der Verträge und Geschäfte. Gemeinschaften sind hingegen durch Gefühle miteinander verbunden – letztendlich dem der gefühlten Zugehörigkeit. Traditionelle Formen, wie sie bei Tönnies genannt wurden, sind die blutsbedingte Gemeinschaft (Verwandtschaft), die ortsbezogene (Nachbarschaft) und die selbstgewählte Gemeinschaft (Freundschaft), im weiteren wird auch die Glaubensgemeinschaft hervorgehoben. Gemeinschaften können auf “instinktivem” Gefallen, wie auf gewohnheitsmässiger Anpassung bis hin zu normativem Druck beruhen. Traditionelle Gemeinschaften sind an traditionelle Milieus gebunden, sie sind oft Gegenstand nostalgischer Sehnsucht, manchmal auch rückwärtsgewandter Ideologisierungen. Sie wurden oft als natürlich empfunden, nicht weiter hinterfragt. Traditionelle Milieus, wie z. B. geschlossen konfessionelle Milieus oder traditionelle Arbeiter- Milieus sind zwar nicht verschwunden, ihre Bindungskraft incl. ihres reichhaltigen Vereinslebens, hat aber deutlich nachgelassen.

2014-01-01_Sinus-Milieus_in_Deutschland_Studentenversion_01Die nebenstehende Darstellung der sog. Sinus-Milieus (wird nach Klick in einem neuen Fenster in vollständiger Größe angezeigt) ist das wohl bekannteste Modell gesellschaftlicher Milieus nach sozialer Lage und grundlegenden Wertorientierungen. Es verbindet demographische Eigenschaften wie Bildung, Beruf oder Einkommen mit den realen Lebenswelten und dient v.a. dem Zielgruppen-Marketing und der Mediaplanung. Seit neuerem gibt es sie auch für digitale Milieus. Milieus sind keine Gemeinschaften, sondern soziale Umgebungen in denen bestimmte Regeln, Normen und Verhaltensstandards gelten. Vergemeinschaftungen finden aber oft innerhalb eines, oder zumindest benachbarter Milieus statt.
Ein weiterer Begriff ist die Szene. In einer Szene begegnen sich Menschen, die über gemeinsame Interessen und Leidenschaften oder einen gemeinsamen Lebensstil miteinander verbunden sind – ohne das die einzelnen Beteiligten zwangsläufig miteinander bekannt sind.
Posttraditionelle Vergemeinschaftungen entstanden sehr oft aus zunächst subkulturellen Zusammenhängen – besonders der Pop-Kultur: “Wie bildet Pop-Musik soziale Einheiten, Gangs, Szenen, Milieus, Subkulturen und Gegenkulturen, wie generiert sie das, wofür sie mehr als für ihre ästhetischen oder kulturellen Meriten studiert zu werden verdient: soziale Tatsachen und -so glaubten ja einst Gegner wie ihre Unterstützer – Gefahren?” So D. Diedrichsen in Über Pop-Musik, S. 375. Was für Pop-Musik gilt, gilt auch für andere Fan-Kulturen, man denke nur an die von Kozinets online erforschte StarTrek Community.
An solche popkulturellen Vergemeinschaftungen schließt das Konzept der Tribus Urbaines/Urban Tribes von Michel Maffesoli (Le Temps des tribus. Le déclin de l’individualisme dans les sociétés de masse. Paris, 1988) an, das v.a. in den Cultural Studies als Neotribalismus rezipiert und in der Konsumforschung zu Consumer Tribes erweitert wurde. In der Online- Welt findet man solche Tribes als Fan- und Subkulturen zu sehr unterschiedlichen Themenfeldern – Netzwerke oft sehr heterogener Personen, die durch eine gemeinsame Passion oder Emotion miteinander verbunden sind.

Social Media 2014

Es sind schon einige Jahre vergangen, seit der Begriff  Social Media den des Web  2.0 abgelöst hat. Betonte Web 2.0 vor allem die Nutzungsevolution des Internets und sein partizipatorisches Potential (wie auch der Begriff  Blogosphäre), stehen bei Social Media die Plattformen und Netzwerke auf denen öffentliche Kommunikation stattfindet im Vordergrund. Die nebenstehende Social Media Map 2014 (wird nach Klick in voller Größe auf einer neuen Seite angezeigt) zeigt diese Plattformen in einer katalogisierten Übersicht in 23 Kategorien an. Sicherlich können diese Kategorien auch anders und enger gefasst werden (wie etwa in der Übersicht von Fred Cavazza, 2012), die Map weist auf die Vielfalt hin, sie kann nicht vollständig sein, das Feld ändert sich ständig. Dienste entstehen neu oder werden eingestellt (so studi-vz, wer-kennt-wen oder Orkut). Die Nutzung von SocialMedia ist genauso selbstverständlich geworden, wie die der Mobiltelephonie – kein Wunder, wird doch beides sehr oft von denselben Endgeräten aus bedient. Zählt man Messengerdienste, wie WhatsApp, Threema etc. hinzu, überschneiden sich die Funktionen.

Mobil ist der eine Trend, visuell ein weiterer. Chrakteristisch für Online-Kommunikation war und ist eine Art verschriftlichte gesprochene Sprache. Hinzu treten immer mehr visuelle Elemente, hier fällt das etwas seltsame Wort Bewegtbild:  So werden Videos und Filme im Netz genannt. Youtube ist das Schwergewicht mit einer eigenen Landschaft, in gewisser Art Nachfolger von MTV, von Sendeformaten, dazu weitere Portale,  Web TV-Sender, Live- Übertragungen, Streamingdienste, Videoblogs – und podcasts, Microvideos wie Vine. Zu unterscheiden ist, ob das Netz v.a. als Vertriebskanal genutzt wird, oder ob sie Teil der Online-Kommunikation sind.
Aufnahme und Verbreitung von Webvideos sind einfach geworden, seitdem jedes SmartPhone, jeder Laptop und jede Digitalkamera mit einer Video-Funktion ausgestattet ist – das bedeutet nicht, dass guter Inhalt genauso einfach zu erstellen wäre, bzw. einfache Technik immer ausreicht. Weinverkostungen, Modepräsentationen, anwaltliche Kommentare zu Rechtslagen als Bewegtbild – all das ist längst Alltag im SocialWeb. Mit Google Hangout on Air  gibt es eine einfach zu handhabende Möglichkeit der öffentlichen Übertragung, live oder auf Abruf – und damit ganz neue journalistische Möglichkeiten. Bewegtbild- Formate entwickeln eine eigene Formsprache, dabei lohnt es sich auch die Trickfilm-ähnlichen Möglichkeiten von Microvideos wie Vine zu beachten. Bewegtbild im Netz ist auch ein Experimentierfeld neuer Formate in Unterhaltung und Information, die Produktionskosten sind zunächst gering. Sehgewohnheiten verändern sich, lineare Programmschemata  weichen auf.

POSE
Paid, Owned, Shared, Earned Media

Social Media sind kein Marketingwerkzeug, Marketing findet dort statt. Für die Akteure – vom Freiberufler bis zur Weltmarke, kommt es darauf an, ein konsistentes Bild, eine Reputation zu entwickeln. Von den meisten Unternehmen und Organisationen werden SocialMedia zur Marken- und Kundenkommunikation genutzt. Hier sei nochmals auf das Modell Paid, Owned, Shared & Earned Media (s. rechts) verwiesen – ein grundlegendes Konzept der Medienplanung, ergänzt durch die Kategorie Shared Media – das sind die Inhalte, wie sie in den auf der SocialMedia Map verzeichneten Plattformen geteilt werden. Ein meßbarer Erfolg sind Earned Media, Owned Media die eigenen Präsenzen – unverzichtbar für alle die selber als Akteure im Netz wahrgenommen werden wollen. Paid Media sind schließlich bezahlte Auftragsleistungen.

Unter den Branchen, die in die Social Media vertreten sind, zählt die Versicherungsbranche wohl zu den konservativeren, aber auch finanzstarken. Marko Petersohn hat dazu die auf Facebook und youtube veröffentlichten Inhalte – Shared Media –  untersucht. Wie agieren Versicherungen dort, und was ist Ihre Erfolgsperspektive? Welche Strategien verfolgen einzelne Gesellschaften? Mit welchem Erfolg? Was ist die richtige Contentstrategie auf Facebook? Und wie lässt sich das alles erklären? – Diese Fragen lassen sich auch zu anderen Branchen stellen.

Spricht man von Social Media denkt man zumeist an die bekannten Plattformen, allen voran an Facebook. Sicher zählt Facebook, neben Google, Apple und Amazon zu den  dominierenden Grössen im Netz – mit den Zukäufen instagram und WhatsApp ein SocialMedia Imperium. Doch gibt es im Netz immer wieder neue Entwicklungen. Die Möglichkeiten des Internet stehen immer mehr Menschen zur Verfügung – weltweit mit den grössten Auswirkungen aufWirtschaft, Arbeit und Gesellschaft. In Zukunft wird man wahrscheinlich mehr und mehr vom digitalen Wandel sprechen.

Qualitative Datenanalyse (Rez.)

Derart spezialisierte Handbücher erscheinen wohl nur noch in englischer Sprache, auch wenn Herausgeber und viele der Autoren deutschsprachig sind. Im Juni 2014 erschien The Sage Handbook of Qualitative Data Analysis mit 40 Beiträgen namhafter Wissenschaftler aus dem angloamerikanischen und deutschen Sprachraum, zumeist Inhaber von Lehrstühlen in Soziologie oder Psychologie.
Unter qualitativer Datenanalyse versteht man die Klassifizierung und Interpretation der im Forschungsprozess angefallenen zunächst unstrukturierten Daten,  d.h. bedeutungstragende Elemente meist  sprachlicher, aber auch non-verbaler bzw. generell visueller Natur. Sie verbindet zunächst gröbere Zusammenfassungen  mit der Ausarbeitung von Kategorien, hermeneutischer Interpretation, der Identifizierung von Mustern. Ziel ist es, über den Abgleich unterschiedlicher Materialien allgemeingültige Aussagen treffen zu können (vgl. S. 5). Zumeist wird dabei sog. QDA- Software, wie MAXQDA, NVivo, AtlasTi (oder auch manche als Shareware vertriebene Lösung) eingesetzt, das ist aber nicht zwingend.
Interviews, Focusgruppen, Transkriptionen und Beobachtungsprotokolle sind die traditionellen Datenquellen, zu diesen treten neuere Formen: visuelle, virtuelle, akustische u.a. Daten. Damit zeigt sich die Erweiterung der gängigen Kommunikationswege und der Dokumentation individueller und sozialer Erfahrungen. Video- und Tonaufnahmen, Social Media zeigen relevante Aspekte der Lebenswelt im 21. Jahrhundert.
Die einzelnen Essays decken fast alle Bereiche ab: Kapitel zu seit langem etablierten analytischen Strategien wie Grounded Theory, Inhaltsanalyse, Hermeneutik, Phänomenologie und narrativer Analyse, zu den unterschiedlichsten Typen von Daten und ihrer Analyse: Dokumente, Interviews, Bildern, Sounds, Video, SocialMedia etc.,  zu Mischmethoden, Re- und Meta-Analysen, zur Forschungsethik.

Mich selber interessieren v.a. zwei Texte: der von Robert Kozinets et al. “Netnographic Analysis: Understanding Culture through SocialMedia Data” (S. 262 – 276) und “Cultural Studies” (S. 247 – 261) von Rainer Winter. Cultural Studies und Netnographie verbindet mehr als zumeist gedacht, Forschungsfelder überschneiden sich. Feld der Cultural Studies, ist “the whole life of a group of people“, ethnographische Studien meist jugendlicher Subkulturen und Medienanalysen stehen im Vordergrund, auch als Popularkultur bezeichnet. Auch Netnographie befasst sich in vielen Fällen mit Popularkultur. Man denke allein an die Studie zu StarTrek,  andere zu Fans von TV-Serien, und generell: aktuelle Popularkultur findet online und offline statt. Wenn wir uns für solche Themen interessieren, sei es veganes Essen oder die Verbreitung von Tattoos, die Resonanz von TV-Serien (diese Themen hatte ich kürzlich als Beispiele bei einem Workshop gewählt) oder allgemeiner neuen Vergemeinschaftungen, dann finden wir online reichhaltiges Material dazu – Popularkultur nutzt und zeigt sich offline und online.
Der Beitrag von Kozinets enthält im wesentlichen die bereits 2010 ausgeführten methodischen Grundlagen (nachzulesen in Netnography. Doing Ethnographic Research Online).

Zu einem weiteren Handbuch: The Handbook of Anthropology in Business erschien ebenfalls im Juni 2014. Hier beteiligten sich 65 Autoren in 43 Beiträgen, international etwas stärker gestreut. In zweien davon geht es um das Thema Netnographie.  Der Mailänder Soziologe Alessandro Caliandro, u.a. Autor einer Netnographie-Studie zu Heimwerkern (Netnografia dell’ Homemaking), entwirft eine Klassifikation von Ansätzen netz-basierter Ethnographie und unterscheidet zwischen Netnographie, digitaler Ethnographie und einer Ethnographie virtueller Welten (vgl. S. 674). Während sich letztere (Forschungsfeld etwa World of Warcraft, Second Life) leicht abgrenzen lässt, sehe ich wenig Sinn in der generellen Unterscheidung zwischen Netnographie und digitaler Ethnographie. Netnographie wäre eine formalisiertere, stärker auf Konsumforschung ausgerichtete Form, die sich auf Communities of Practice richtet; digitale Ethnographie eine weniger formalisierte, die sich auf eine digitale Öffentlichkeit bezieht – um es sehr kurz fassen. In der Praxis wäre eine Grenze schwer zu ziehen, fast jedes Forschungsdesign ist wieder ein anderes. Es sind gerade solche Studien, wie die von Caliandro, die die online-Lebenswelt erschliessen. Interessant sind übrigens auch die methodischen Abschnitte zur Netzwerk- und zur Diskursanalyse (S. 670 ff).
Kozinets’ Beitrag handelt v.a. von der Entwicklung von Netnographie, der Spezifierung in der Konsumforschung und geht im weiteren auf die neueren Möglichkeiten in Social Media und der mittlerweile weit verbreiteten Monitoring– Software ein. Im Zentrum steht das kulturelle Verstehen von Kultur, Inhalt, Kontext und Konsum in der Lebenswelt des Marketing (vgl. S. 785) .

Beide Handbücher gibt es sowohl als gedrucktes Buch, wie als E-Book. Zwar sind mir gedruckte Bücher lieber, doch sprach der  jeweilige Preis von 40 €, gegenüber jeweils ca. 120 €, für die E-Book Version. Beide Bände sind von Umfang und Inhalt Schwergewichte, die ihr jeweiliges Feld weitgehend abdecken.

Flick, Uwe (Hrsg.): The Sage Handbook of Qualitative Data Analysis. London 2014. 634 S.

Denny, Rita & Sunderland,Patricia (Hrsg.): Handbook Anthropology in Business. Walnut Creek (Ca) 2014. 838 S.

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