Stil nach Maß und nach Wunsch

29/05/13 kmjan
Ist von StartUps und Existenzgründungen im Internet die Rede, denkt man meist an Entwickler von Software, an Beratungsdienstleistungen und Agenturen. Die technische Entwicklung ist treibende Kraft, es folgen Berater, die ihr Wissen um die Nutzung der neuen Möglichkeiten verkaufen, und Gestalter, die das ganze in eine möglichst ansprechende Form bringen.

Das Social Web dient aber auch technikfernen Branchen als Kommunikations- und Vertriebskanal. Bekannte Beispiele gibt es in der regen (online-) Kommunikation zu Genußmitteln, wie Wein, Kaffee und Schokolade – bis hin zu Pfeffer und auch Lakritz. Das Muster ist in etwa gleich: in einem harten Preiskampf hatten Produkte in ihren Standardversionen an Charakter verloren. Begeisterte Geniesser entdecken die Geschmacksvielfalt neu, eignen sich ein umfangreiches  Fachwissen zu Sorten, Herkunft, Herstellungs- und Zubereitungsverfahren an, eine Art Fan-Community entsteht. Neben den Markt der Standardprodukte tritt ein gesonderter Markt, dessen Teilnehmer durchweg über ein hohes Produktwissen verfügen, und wo für hohe Qualität   entsprechende Preise akzeptiert werden.

Ein anderes Feld ist Mode. Mode ist im Social Web mit zahlreichen Blogs, mit  Bildkommunikation bei tumblr und instagram – und natürlich mit der strategischen Kommunikation von Marken vertreten. Es geht um Streetstyle, den eigenen Stil und um die Positionierung von Marken. Mode für Frauen überwiegt. Online-Anbieter sind dabei, den Markt umzukrempeln. Eine neuere Entwicklung sind Angebote wie modomoto oder outfittery, die – bisher ausschließlich für Männer –  eine Art Einstiegshilfe in persönlichen Stil bieten: Boxen mit Komplettoutfits ausgewählter Markenkleidung werden versandt, bei Gefallen wird gekauft – bei Nicht-Gefallen zurückgeschickt.

Hemd nach Maß und nach Wunsch
Hemd nach Maß und nach Wunsch

Andreas Wendenburg, Modedesigner (ein Blick ins Atelier) macht Männerhemden – nach Maß und nach Wunsch. Warum Hemden? Hemden sind ein Einstieg in maßgefertigte Kleidung und in einer überschaubaren Zeitspanne – vom Maßnehmen, über den Schnitt bis zur Fertigung – machbar. Nach Maß bedeutet ein Höchstmaß an Tragekomfort, nach Wunsch bedeutet die Gestaltung nach den eigenen Vorstellungen, von der Auswahl des Stoffes und des Schnittes bis zur Absprache von Details. Das besondere, das persönliche wird so in einem Unikat zum Ausdruck gebracht.
T-Shirts zeichnen die Körperformen nach und variieren kaum in Stoff und Schnitt. Ihre individuelle Gestaltung liegt meist in der bedruckbaren Fläche – graphische Motive, einprägsame Sprüche oder auch Werbebotschaften. Das Hemd ist hingegen die dem Körper nächste Stufe formellerer Kleidung, es folgt einer vorgegebenen Form, variiert aber in der Vielfalt von Stoffen und Schnitten.

Doppelhemd

Klassische Formen sind das festliche Hemd in unterschiedlichen Ausführungen und das Businesshemd. Beide haben historische Wurzeln, die mit bestimmten Konzepten von Männlichkeit verbunden sind: das festliche Hemd mit reichen, bisweilen schwelgenden Details reicht zurück bis in die höfische Gesellschaft mit ihrem Hang zum Repräsentativen oder auch zum Stilwillen des Dandy. Das Businesshemd  entstammt dem Habitus des erfolgsorientierten Geschäftsmannes, der Dresscode soll die Einhaltung formaler Regeln signalisieren, für etliche Berufsgruppen verpflichtend – austère*.
Das weite Feld des casual (um den allzu praktischen Begriff des Freizeithemdes zu vermeiden) wird von der Popkultur seit den 50er Jahren geprägt. Diese orientiert sich seit James Dean zumeist an einer juvenil-körperbetonten Form. Neue Einflüsse werden immer wieder  aufgenommen, wie etwa Grunge in den 90er Jahren – oder aktuell ein Nerdstyle, der vormals als Abwesenheit von Stil wahrgenommen wurde. Individueller Gestaltung sind wenig Grenzen gesetzt.
Informellerer Stil signalisiert die flexiblere Handhabe von Regeln.  In einigen Branchen hat sich die Kombination Hemd/Sacco/Jeans als Standard konventioneller Inkonventionalität  durchgesetzt. Eine bewußte Wahl bzw. Gestaltung setzt hier individuelle Akzente – und es muß nicht betreutes Shoppen sein.

*austère (frz): rigiden Regeln, Grundsätzen folgend

 

 

 

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