Gamification – das Potential der Computerspiele

Gamification ist eines der Buzzwords des Jahres: man versteht darunter den “Einsatz von Spielmechanismen und -dynamiken in spielfremden Umgebungen. Damit sollen Menschen in anderen Situationen – als Lernende im E-Learning, als Probanden in der Marktforschung, als Mitarbeiter in Unternehmen motiviert und zu bestimmten Verhaltensweisen bewegt werden*. Spielerisches Potential incl. Regeln, Wettbewerb soll transformiert und nutzbar gemacht werden. Ein weiterer Begriff ist Serious Gamesdamit sind Spiele gemeint, die einem ‘ernsthaften‘ Zweck dienen. Sie sollen Wissen vermitteln bzw. Fähigkeiten und Techniken trainieren und werden von daher im E-Learning oder zu Trainingszwecken eingesetzt.

Wettbewerbe werden mit Begeisterung geführt

Computerspiele sind populär und die Branche ist erfolgreich. Das konnte man so auf der letzten Gamescom in Köln (8/12) mit ca. 275.000 Besuchern erleben. Nach Einschätzung von Ibo Mazari (turtle entertainement) liegen die Jahresumsätze bei ca. 2 Mrd € in Deutschland, weltweit bei ca. 80 Mrd., auf ca. 6 Mill. aktive Gamer schätzt er bundesweit die Community ein. Computerspiele faszinieren durch die Integration verschiedenster Elemente in einer multimedialen Umgebung: Leveldesign (in etwa die Architektur der Spielumgebung)  incl. passender Klangkulissen, Graphik, Musik und nicht zuletzt die dahinterliegende Story mit den Figuren, in die man als Gamer schlüpft. Kurzum, es sind eigene geschaffene Welten, deren Sinn für die Spieler darin liegt, Spaß zu haben und deren wirtschaftlicher Wert eben davon abhängt. Spiele sind Regelwerke mit Lernaufwand, sie erfordern Reaktionsschnelligkeit und Kooperation mit Mitspielern. Schwierigkeitsgrad und das Können der Teilnehmer müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Computerspiele gehören zur zeitgenössischen Populärkultur wie Fußball, TV-Serien oder Popsongs – mit dem Unterschied, dass Fans aktiv daran teilnehmen. Gamer interagieren über das Internet und offline miteinander – Wettbewerbe werden als eSport überregional organisiert vor Publikum ausgetragen.

Auch die Figuren der Spiele faszinieren. Cosplayer auf der Gamescom

Gamification lenkt den Blick auf das innovative Potential von Games. Und das besteht auf mehreren Ebenen: Spiele sind Technologietreiber – der Wettbewerb untereinander reizt Möglichkeiten aus und verlangt nach Einsatz neuester Technik. Sie sind aber auch Vorreiter von (online-) Vergemeinschaftungen,  das Konzept der Tribes als Fankulturen greift – und das seit den Frühzeiten des Internet. Es wundert auch nicht, dass die erste Netnography-Studie in den 90er Jahren in einem zumindest Gaming- nahen Feld stattfand: der StarTrek Community. Computerspiele verbinden Technik auf dem neuesten Stand, Spielspaß und Spannung, Verbindung mit Gleichgesinnten, Pop und Fantasy-Welten – entscheidend ist aber motivierende Kick, der entsteht, wenn Herausforderungen gemeistert werden.

Gamification zielt darauf diese kreative Energie, die Bereitschaft gemeinsam – oder im Wettbewerb – Probleme zu lösen, für andere Zwecke nutzbar zu machen. Gamification zielt auf diese kreative Energie, die Bereitschaft gemeinsam – oder im Wettbewerb Probleme zu lösen. Der Begriff Gamification wird aber oft allzu weit gefasst und bezeichnet oft nur die Übernahme einzelner Elemente: Punktekonten, Animationen, Fortschrittsbalken etc. Eine wirkliche Umsetzung von Spielmechanismen erfolgt wohl mehr bei den Serious Games. Die gewünschten Effekte der Begeisterung und des Flow sind nicht so einfach zu haben – es reicht nicht, Inhalte  aufzuhübschen. Es kommt darauf an, den Nutzer, Probanden oder Mitarbeiter bei seiner Motivation zu packen. Der Anreiz muß in der Ausführung des Spiels selber liegen und weniger in den Belohnungssystemen.

* aus: Interview mit Nora Stampfl in der FAZ am Sonntag vom 12.08.12 – Bilder: eigene; Verweisen möchte ich auf eine sehr schöne Präsentation auf dem Blog von Christian Siedler , die er kürzlich auf dem Braincamp in Köln vorgestellt hat.


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