Fairtrade in Social Media

30/06/11 kmjan
Fairer Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und gegenseitigem Respekt beruht und mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel anstrebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte Produzenten und Arbeiter leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung. Organisationen des fairen Handels (die von Verbrauchern unterstützt werden) sind aktiv damit beschäftigt, die Hersteller zu unterstützen, das Bewusstsein zu steigern und sich für Veränderungen bei den Regeln und der Ausführung des konventionellen internationalen Handels einzusetzen (übersetzt nach FINE, informeller Zusammenschluß der vier führenden FairTrade Organisationen*, 2001).

Kommunikation in den Social Media ist nicht repräsentativ, doch wird darin die Resonanz, die ein Thema in der Gesellschaft findet, deutlich. Einblicke in verbreitete Meinungen und Einstellungen sind möglich. Zu den wesentlichen Konsumtrends der letzten Jahre zählt der zum nachhaltigen Konsum mit sozialer und ökologischer Verantwortung. Gemeinsam mit Öko-Produkten steht Fairtrade dafür. Grund genug,  im Rahmen einer umfangreichen Studie eine Teilstudie in Social Media durchzuführen*. Anlaß war die Teilnahme der Stadt Bonn an der Kampagne Fairtradestadt: Wie wird das Thema Fairtrade in den Social Media aufgenommen und diskutiert?
Fairtrade hat den Nischenmarkt verlassen und ist dabei  “sich in der Mitte der Gesellschaft zu etablieren” (so D. Overath, GF Transfair) . Fair gehandelte Produkte sind mittlerweile auch in Supermärkten und bei Discountern zu finden. Im Mai legte der Trägerverein Transfair die Umsatzzahlen zertifizierter Fairtrade-Produkte für das Jahr 2010 vor: Nach mehreren Jahren mit Umsatzsteigerungen von mehr als 20% in Folge, liegt der Umsatz bei 340 Mill. €, ein Wachstum gegenüber dem Vorjahr von 27%. Traditionell umsatzstärkstes Produkt ist Kaffee, hinzu kommen Schnittblumen, Kakao und Schokolade, Fußbälle, Baumwollprodukte, Früchte etc. –  mit wenigen Ausnahmen landwirtschaftliche Erzeugnisse.

Social Media enthalten sehr umfangreiche und sehr unterschiedliche Informationen zum Thema Fairtrade: Hinweise auf Nachrichten und Pressemeldungen, Veranstaltungs- und Terminankündigungen, Meinungsbekundungen, PR-Hinweise zu Kampagnen und Labels, Grundsatz- und Detaildiskussionen aus Blogs und Foren – reflektierte Beiträge und ganz subjektive Bemerkungen. Die ausgewählten Beiträge können als öffentliche Kommunikation betrachtet werden – geschützte Beiträge waren nicht zugänglich. Bei der Recherche stand die Monitoring -Software von Vico Research & Consulting zur Verfügung.

Die Meinungen zu Fairtrade sind erstaunlich wenig kontrovers. Weder am Gesamtkonzept des fairen Handels selber, noch an der Umsetzung wird nennenswert Kritik geübt. Auch Zweifel an den Intentionen von Fairtrade, an Integrität und Glaubwürdigkeit der zertifizierenden Stellen werden – zumindest in dieser Auswahl – nicht genannt. Produktqualität wird selten als ein eigenständiges Thema behandelt –  aber immer wieder positiv hervorgehoben.
Kritische Untertöne werden deutlich, wenn es um die zertifizierte Produktpalette geht, die sich im wesentlichen auf landwirtschaftliche Erzeugnisse beschränkt. So taucht schnell die Frage auf, warum denn etwa für Handys und Mainboards nicht gelten solle, was bei Schokolade und Kaffee Sinn macht. Faire Arbeitsbedingungen in der Consumerelektronik sind ein Thema von wachsendem Interesse.

Fairtrade steht zwischen zivilgesellschaftlichem Engagement und Markenbildung. Ging es in den Ursprüngen des fairen Handels um Solidaritätsbekundungen durch einen alternativen Handel außerhalb der herrschenden Ökonomie, geht es heute um Marktchancen fair gehandelter Produkte. Einkaufsverhalten von Verbrauchern bedeutet Einfluß auf Märkte. Mit der Wahl fair gehandelter Produkte können – zumindest in begrenztem Ausmaß – soziale Standards durchgesetzt werden. Gelegentlich wird die Ansicht vertreten, Fairtrade nutze mehr dem guten Gefühl, dem Seelenfrieden der Konsumenten, die sich mit fairem Einkauf auf der Seite des Guten sehen können.
Fairtrade ist aber auch Marke. Zum einen die Marke, die dem engagierten Konsumenten mit einheitlichem Logo soziale und ökologische Standards bei der Produktion garantiert – und zunehmend auch selber Teil von Markenidentitäten.
Eine relativ neue Erscheinung sind Modelabels, unter Ecodesign zusammengefasst, die sich nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit richten. In diesem Zusammenhang wird immer wieder die modische Qualität herausgestellt um nachzuweisen, dass öko, fair und organic auch richtig gut aussehen kann. Organic Wear ist nun kein Schimpfwort mehr.

Naheliegend ist eine besondere Affinität zu Bio-Produkten, ebenso besteht sie zur Neuen Genußkultur – vertreten durch Slow Food, dass sich authentischen, regional verwurzelten Produkten verpflichtet sieht. So fand im April in Stuttgart die Fairtrade Messe „Fair Handeln“ zeitgleich und am selben Ort mit dem „Markt des guten Geschmacks“, veranstaltet von Slow Food Deutschland, statt. Gemeinsam ist der Bezug zur Nachhaltigkeit. Einige der fair gehandelten Produkte weisen in diese Richtung: Premium-Hochlandkaffees, ausgesuchte Schokoladen oder Olivenöl von alten Baumbeständen sprechen die Neue Genußkultur an. Fair gehandelte Produkte sind Teil eines auf nachhaltig produzierte Waren gerichteteten Konsumstils.
Nachhaltigkeit steht im zeitgenössischen Wertekanon weit oben – sich weitgehend danach zu verhalten ist sozial besonders erwünscht. Ob tatsächlich nach dem gelebt wird, was gesagt wird, ist eine andere Sache – und lässt sich auf diesem Wege nicht erkennen. Tatsache ist aber, dass diesen Werten kaum öffentlich widersprochen wird.

* Die gesamte Studie besteht außerdem aus Umfragen ider Bevölkerung, in Handel und Gastronomie, sowie Expertengesprächen, und wurde verantwortlich durchgeführt von der Fairtrade Consulting Cooperative und der Unternehmensberatung Pharos Services, beide in Bonn ansässig, in Zusammenarbeit mit Connosco, Köln, Social Media Analyse von Klaus Janowitz – die gesamte Auswertung ist im Laufe der kommenden Monate zu erwarten.


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